Johann Valentin Andreae war der Enkel des nicht nur für die württembergische Reformationsgeschichte bedeutenden Jakob Andreae (1528-1590). Nach dem Tod seines Vaters Johann Andreae, Abt des evangelischen Klosters Königsbronn, zog Andreaes Mutter nach Tübingen, um ihren vier Söhnen das Theologiestudium zu ermöglichen. Diesem war traditionell das Grundstudium der Artistenfakultät vorgeschaltet. Es bot Andreae die Gelegenheit, seinen vielfältigen Interessen im Studium der Sprachen, in Geschichte, Philosophie und Mathematik, aber auch in den Naturwissenschaften, wie z.B. der Geographie, nachzugehen. Daneben ging er auch bei einigen Handwerkern in die Lehre.
Nach Abschluss des Grundstudiums mit dem Erwerb des Magistergrads 1605 studierte er noch zwei Jahre Theologie. Anschließend begab er sich für sechs Jahre auf Reisen, wobei er vornehmlich als Begleiter adliger Studenten Deutschland, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich kennenlernte. Auch später reiste Andreae noch viel, um seine mannigfaltigen Kontakte aufrechtzuerhalten.
1614 trat er in den württembergischen Kirchendienst, zunächst in Vaihingen an der Enz. 1620 wurde er Superintendent in Calw. Die Tuchindustrie am Ort, aber auch der beginnende Dreißigjährige Krieg brachten eine Vielzahl von sozialen Problemen hervor, denen Andreae durch die Gründung der Färber-Stiftung begegnete. Dies war Teil seines Projekts zur Verbesserung von Kirche und Gesellschaft durch praktische Maßnahmen. Eine wichtige Anregung dazu hatte er in Genf bekommen, wo er die Sittenzucht der Kirche Calvins kennengelernt hatte.
Seit seiner Studienzeit betätigte sich Andreae literarisch. Er hat ein umfangreiches Werk hinterlassen, das fast durchweg in lateinischer Sprache gehalten ist. Seine frühesten Texte sind die (anonym erschienenen) Rosenkreuzerschriften, die die heute noch bestehende Rosenkreuzer-Bewegung auslösten, eine religiös-gelehrte Gesellschaft. In der 1619 erschienenen utopischen Schrift „Christianopolis“ beschreibt Andreae das ideale christliche Gemeinwesen. Sie steht gleichberechtigt neben den großen europäischen Utopien von Thomas Morus, Tommaso Campanella und Francis Bacon. Zu Andreaes wichtigsten Werken gehört der „Theophilus“ (1622), in dem es um die Reform der Religion, der Sitten und des Unterrichts geht. Gedruckt wurde die Schrift erst 1649. Wie sein Großvater verfasste Johann Valentin Andreae außerdem eine Autobiographie, die er zunächst 1642 abschloss, aber dann Jahr um Jahr fortführte.
Nach der Nördlinger Schlacht 1634 wurde Württemberg von kaiserlichen Truppen besetzt. Diese wüteten besonders in Calw, weil sich ihnen hier anfänglich noch Widerstand entgegengestellt hatte. Andreae hatte noch rechtzeitig fliehen können, verlor aber seine gesamte Habe. Tatkräftig beteiligte er sich am Wiederaufbau, wobei ihm seine vielfältigen Verbindungen, vor allem nach Straßburg und Nürnberg, von großem Nutzen waren. Im Oktober 1638 konnte Herzog Eberhard III. aus seinem Straßburger Exil nach Württemberg zurückkehren. Umgehend berief er Johann Valentin Andreae zum Hofprediger, der diese Stelle Anfang 1639 antrat. In diesem Amt war Andreae zugleich Mitglied der Kirchenleitung, wobei das Ziel nichts weniger war als die Wiederherstellung der württembergischen Kirche. Andreae ging diese Aufgabe in der ihm eigenen Verbindung von Geistigkeit und Gelehrsamkeit mit praktischen Maßnahmen an. Ein Beispiel dafür ist die 1639 erschienene „Cynosura“, eine Rechtssammlung für Pfarrer, die alsbald amtliche Gültigkeit erhielt.
Zur Wiederherstellung der Ordnung der Kirche wurde ein neues Instrument geschaffen, das auch der Gemeinde und ihren Vertretern Verantwortung übertrug. 1642 wurde die Bildung von Kirchenkonventen in allen Pfarrorten angeordnet. Dies waren örtliche Gremien, denen die Einhaltung der Kirchenordnung im örtlichen Rahmen übertragen wurde. Es ging dabei nicht nur um die Überwachung der Sitten, die Sonntagsheiligung und Ehesachen, sondern auch um die Schule und das Armenwesen. Die Kirchenkonvente bestanden in den Gemeinden, bis sie im 19. Jahrhundert von den Kirchengemeinderäten abgelöst wurden.
Mit seinem lebenslang verfolgten Anliegen der Reform, der Forderung nach einer christlichen Lebenspraxis und dem Sozietätsgedanken, der Gemeinschaft derer, die mit Ernst Christen sein wollen, gilt Andreae als Vorläufer des Pietismus des 17. Jahrhunderts.
1641 promovierte Andreae in Tübingen zum Doktor der Theologie. Herzog August von Braunschweig-Wolfenbüttel, mit dem er in seiner Stuttgarter Zeit einen besonders intensiven Briefwechsel führte, ermöglichte Andreae 1647 den Bau eines eigenen Hauses in Stuttgart, das in der Nähe des heutigen Kleinen Schlossplatzes stand. 1650 wurde Andreae zum Prälaten von Bebenhausen ernannt. Hierbei oblag ihm vor allem der Wiederaufbau der dortigen Klosterschule, die für die Ausbildung des geistlichen Nachwuchses unverzichtbar war. 1654 wurde er zum Prälaten von Adelberg ernannt, doch trat er die Stelle nicht mehr an. Er starb am 27. Juni 1654 in seinem Haus in Stuttgart. Am 30. März wurde er auf dem Friedhof bei der Hospitalkirche beerdigt. Die Grabstätte ist nicht mehr bekannt.