Der Stuttgarter Anwalt Albert Schott gehörte bereits 1819 der Ständeversammlung an, die mit König Wilhelm I. die württembergische Verfassung vereinbarte. In den folgenden dreißig Jahren war er die prägende Persönlichkeit der württembergischen Liberalen.

Christian Friedrich Albert Schott entstammte einer angesehenen württembergischen Familie, sein Vater war zuletzt Regierungsrat bei der Kreisregierung in Ludwigsburg. Ab 1799 studierte Schott in Tübingen Rechtswissenschaften, nach vier Jahren schloss er das Studium erfolgreich ab, kurze Zeit später erfolgte die Ernennung zum kurfürstlichen Kanzleiadvokaten und die Promotion. In der Folgezeit studierte Schott noch bei Nikolaus Thaddäus von Gönner (1764-1827) in Landshut und unternahm 1804 eine Bildungsreise nach Paris, die der gesellschaftlichen Vernetzung und dem Erwerb von Sprachkenntnissen diente. In Paris lernte er die Einrichtung der Schwurgerichte kennen, für deren Einführung in Württemberg er sich später als Abgeordneter stark machte.

Während des dritten Koalitionskriegs hatte er die Unterbringung und Verpflegung der verbündeten französischen Truppen zu organisieren und empfahl sich für den Staatsdienst. Entsprechende Angebote lehnte er jedoch ab und ließ sich als Anwalt am Obertribunal in Stuttgart – als sogenannter Obertribunal-Prokurator – nieder.

In Stuttgart wurde Schott Mitglied der „Schattenbrüder“. Es handelte sich dabei um eine Runde um Ludwig Uhland (1787-1862), die sich regelmäßig in der Weinwirtschaft „Zum Schatten“ traf. Die „Schattenbrüder“ standen in Opposition zu König Friedrich I. (1754-1816) und kritisierten, wie beispielsweise Uhland in seinen Gedichten, die Aufhebung der alten württembergischen Verfassung und damit verbunden die Etablierung des bürokratisch-absolutistischen Regimes durch den König.

Im Zusammenhang mit dem Wiener Kongress kam die Frage nach der Verfassung Württembergs wieder auf die politische Tagesordnung. Es waren nunmehr die „Schattenbrüder“, die dazu beitrugen, eine Adresse der Stuttgarter Bürgerschaft zu lancieren. In dieser wurde gefordert, die Rechte der Landschaft wiederherzustellen. Dagegen empörte sie sich gegen den Plan des Königs, eine Verfassung einseitig, gleichsam aus seiner Gnade heraus, geben zu wollen.

Der Ständeversammlung von 1815 konnte Schott noch nicht angehören, denn bereits sein Vater war Mitglied dieses Gremiums. Eine gleichzeitige Mitgliedschaft von Vater und Sohn war rechtlich ausgeschlossen. Jedoch übernahm Schott ab 1815 ehrenamtlich die Funktion eines Registrators. Dies gab ihm die Möglichkeit, Protokolle sowie weitere Unterlagen der Ständeversammlung im Ausland zu publizieren, während die Veröffentlichung der entsprechenden Unterlagen in Württemberg untersagt war. Vier Jahre später wurde Schott schließlich Mitglied der Ständeversammlung, die mit König Wilhelm I. (1781-1864) die neue Verfassung vereinbarte. Der Kompromiss zwischen König und Ständen erfolgte im zeitlichen Umfeld der repressiven Karlsbader Beschlüsse im Sommer 1819. Folglich drängte Schott, der allmählich den Schritt vom Verteidiger des „Alten Rechts“ zum Liberalen vollzog, in der Ständeversammlung darauf, möglichst rasch zu einem Abschluss zu kommen: Besser eine nicht vollständig ausgereifte Verfassung als gar keine, besser eine vereinbarte als eine einseitig vom Monarchen gegebene Verfassung. Bereits auf der Ständeversammlung des Jahres 1819 artikulierte Schott zwei zentrale Wünsche für die Zukunft: Die Forderung nach Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen und der Vorzug eines Einkammer- vor dem Zweikammerparlament.

Während des Ringens zwischen Monarch und Ständen um die Verfassung war Schott aus Sicht der Regierung zu auffällig geworden. Dementsprechend hatte er seine Stelle als Prokurator beim Obertribunal-Gericht zeitweilig verloren, 1818 jedoch wiedererlangt. Den Eintritt in den Staatsdienst, der ihm zwischenzeitlich erneut angeboten worden war, hat er ein weiteres Mal abgelehnt.

Für den Landtag des Jahres 1820/21 übernahm Schott die arbeitsintensive Funktion des Schriftführers. In dieser Position hatte er die Aufgabe, dem Präsidenten im Schriftverkehr mit dem Geheimen Rat, der Regierung und der I. Kammer zur Hand zu gehen sowie sich außerdem um die Publikation der Kammerprotokolle zu kümmern. Zugleich fungierte Schott als Berichterstatter der Kammer über die Organisation der höheren Regierungs- und Finanzbehörden. Vor allem aber machte er sich einen Namen als Verteidiger seines Reutlinger Abgeordnetenkollegen Friedrich List (1789-1846). Dieser hatte in einer Adresse seiner Reutlinger Wählerschaft Kritik an der württembergischen Verwaltung geübt und Verbesserungswege aufgezeigt, was ihm jedoch eine Anklage und letztendlich Festungshaft auf dem Hohenasperg einbrachte. Er habe, so der Vorwurf, die Staatsdienerschaft insgesamt beleidigt. Von der Kammer forderte die Regierung die Ausschließung Lists – einer Forderung, der Schott entgegenhielt, es könne nicht angehen, dass jeder Oberamtsgerichtsverweser durch Verhängung einer Untersuchung, welche er kriminell nenne, die Kammer ihrer Mitglieder beraube. Unter Berufung auf Gerechtigkeit, Freiheit und Selbständigkeit der Kammer sagte er dementsprechend „Nein!“ zur Ausschließung Lists und unterlag. Unter diesen Voraussetzungen verzichtete Schott frustriert 1823 ein erstes Mal auf sein Landtagsmandat.

Aber auch in den 1820er Jahren fand Schott ein reichhaltiges Betätigungsfeld bei der Organisation des krypto-politischen Vereinswesens. So begeisterte sich Schott für den Freiheitskampf der Griechen. Unter seiner Ägide entstand in Stuttgart der erste Griechenverein Württembergs. Dank seiner umfassenden Sprachkenntnisse konnte er auch ein ins Deutsche übersetzte „Taschenbuch für Freunde der Geschichte des griechischen Volkes älterer und neuerer Zeit“ (erschienen in zwei Bänden 1823 und 1824) vorlegen. Die Verkaufseinnahmen des Taschenbuchs kamen dem seit 1821 virulenten griechischen Freiheitskampf zu Gute.

Als es 1830 zum polnischen Aufstand kam, wurde Schott ein weiteres Mal aktiv. Auch jetzt gründete er ein Hilfskomitee, organisierte Medikamente und Verbandsmaterial sowie ärztliche Hilfe. Selbstverständlich waren polnische Flüchtlinge auf dem Weg nach Frankreich im Hause Schott willkommen.

1824 gründete Albert Schott außerdem den Stuttgarter Liederkranz, dessen Statuten er entwarf. Eng verbunden mit dem Liederkranz war der Schillerverein, erneut war Schott die treibende Kraft. So initiierte er das Schillerfest von 1825. Hier trat er mit einer Rede hervor, wie auch bei den Schillerfesten 1826 und 1831. Schließlich ist die Errichtung des Schillerdenkmals im Jahr 1839 ebenfalls der Initiative Schotts zu verdanken. Friedrich Schiller (1759-1805) galt dabei Schott und seinen Zeitgenossen als der Vorkämpfer für Freiheit und deutsche Nationaleinigung.

Im Gefolge der Julirevolution 1830 in Frankreich kandidierte Schott erneut für den Landtag, wobei es 1831 der liberalen Opposition gelang, eine einfache Mehrheit zu erringen. Doch berief König Wilhelm I. das Parlament kurzerhand nicht ein, wogegen die liberalen Abgeordneten am 30. April 1832 unter Führung Schotts auf einer Tagung in Bad Boll demonstrierten. Gleichwohl erfolgte die Einberufung des Parlaments erst im Januar 1833. Als die Kammer den Antrag Paul Pfizers (1801-1867), der gegen die reaktionären Beschlüsse des Bundes des Jahres 1832 gerichtet war, nicht entsprechend dem Wunsch der Regierung verwarf, erfolgte die Auflösung des „vergeblichen Landtags“. Auf diesem Landtag wie auch den darauffolgenden begründete Schott unter dem lebhaften Applaus der Tribüne seinen Antrag auf Aufhebung der Zensur und auf Pressefreiheit. Es war dies sicherlich der Höhepunkt seiner Abgeordnetentätigkeit. Diese Bemühungen ehrten die Typografen Stuttgarts durch Schenkung eines Silberpokals. Auch auf den nachfolgenden Landtagssessionen trat Schott als einer der Spitzenvertreter der liberalen Landtagsopposition hervor. Verhandelt wurden in den Jahren bis 1838 u. a. die Gewerbeordnung, Ablösegesetze, die Verbesserung des Schulunterrichts und der Entwurf des württembergischen Strafgesetzbuchs. Im Landtag ist Schott besonders als Vorkämpfer der Judenemanzipation sowie als Gegner der Todesstrafe hervorgetreten.

Angesichts eines schwindenden Einflusses der Opposition und massiver Wahlbeeinflussung durch die Regierung hat Schott auf eine neuerliche Landtagskandidatur 1838 verzichtet. Erst im Zuge der Märzrevolution hat er sich erneut um Parlamentsmandate beworben. Jetzt war er Mitglied des Vorparlaments und des Fünfzigerausschusses sowie schließlich der Paulskirche, in der er den Wahlkreis Böblingen-Cannstatt vertrat. Zeitweilig wirkte er als Alterspräsident der Versammlung und stellvertretender Vorsitzender des Finanzausschusses. Im Übrigen schloss er sich der gemäßigten Linken, der Fraktion Deutscher Hof, später Westendhall an. In den Plenardebatten trat er nur wenig hervor. Dagegen präsidierte er häufig Versammlungen seiner Fraktion, wobei ihm seine langjährige parlamentarische Routine zugutekam. In seinem Nachruf auf Schott vertrat der liberale Publizist und spätere Abgeordnete Otto Elben (1823-1899) die Meinung, Schott sei im Grunde seines Herzens Republikaner gewesen, habe aber gewusst, dass diese Staatsform 1848/49 nicht durchsetzbar gewesen wäre. Auch habe er Preußen nicht grundsätzlich ablehnend gegenübergestanden, doch habe er bezweifelt, dass der König wie auch die preußischen Eliten, deren Auftreten ihn zusätzlich abgeschreckt habe, bereit gewesen wären, preußische Anliegen deutschen nachzuordnen.

Mit der Ablehnung der Kaiserkrone durch Friedrich Wilhelm IV. (1795-1861) sah Schott die Aufgabe der Paulskirche als gescheitert an und betrachtete den Umzug der Nationalversammlung in seine Heimatstadt als nicht mehr sinnvoll, vollzog diesen gleichwohl loyal mit. Als es zur Sprengung des Rumpfparlaments auf Veranlassung seines Schwiegersohnes Friedrich Römer (1794-1864) kam, stand Schott zusammen mit Präsident Wilhelm Loewe (1814-1886) und Uhland an der Spitze des demonstrativen Marsches der Abgeordneten zu ihrem Sitzungslokal in der Fritzschen Reithalle. 1849/50 hat Schott als Vertreter Stuttgarts noch der zweiten und dritten Verfassunggebenden Landesversammlung angehört. Anschließend zog sich der umfassend gebildete Grandseigneur ins Privatleben zurück. Er starb nach längerer Krankheit am 6. Juni 1861 in Stuttgart.

Text: Michael Kitzing
Schlagworte: Stuttgart-Mitte, Rumpfparlament
Quellenhinweise:

Christian Friedrich Albert Schott, Versuch eines Grundrisses der alten Wirtembergischen Verfassung im November 1815, ohne Ort 1815.

Literaturhinweise:

Hartwig Brandt, Parlamentarismus in Württemberg 1819-1870. Anatomie eines deutschen Landtags, Düsseldorf 1987.
Otto Elben, Nekrolog Christian Friedrich Albert Schott, in: Schwäbische Kronik vom 20. Juli 1861, S. 1541 f., sowie vom 21. Juli 1861, S. 1553 f.
Walter Grube, Der Stuttgarter Landtag 1457-1957 Von den Landständen zum demokratischen Parlament, Stuttgart 1957, hier bes. S. 504, 513, 515, 517 f.
Fritz Heimberger, Christian Friedrich Albert Schott (1782-1861), in: Sindelfinger Jahrbuch 1973, S. 200-218.
Bernhard Mann, Die Württemberger und die deutsche Nationalversammlung 1848/49, Düsseldorf 1975.
Frank Raberg (Bearb.), Biographisches Handbuch der württembergischen Landtagsabgeordneten 1815-1933, Stuttgart 2001, S. 829-830.
Paul Rothmund/Erhard R. Wiehn (Hg.), Die FDP/DVP in Baden-Württemberg und ihre Geschichte. Liberalismus als politische Gestaltungskraft im deutschen Südwesten, Stuttgart 1979.
Eugen Schneider, Schott, Albert, in: Allgemeine Deutsche Biographie 32 (1891), S. 395-397.
Ludwig Uhland, Uhlands Tagebuch 1810-1820. Aus des Dichters handschriftlichem Nachlass hg. von Julius von Hartmann, Stuttgart 1898.

GND-Identifier: 116923288
Publiziert am: 29.05.2024
Empfohlene Zitierweise:
Michael Kitzing, Albert Schott (1782-1861), publiziert am 29.05.2024 in: Stadtarchiv Stuttgart,
URL: https://www.stadtlexikon-stuttgart.de/article/253066f5-d24c-43ec-b6ef-6e7ffe430d38/Albert_Schott_%281782-1861%29.html