Carl von Bach zählt zu den bedeutenden Persönlichkeiten des deutschen Maschinenbaus. Als Ordinarius für das Maschineningenieurwesen an der TH Stuttgart und als Begründer der Stuttgarter Materialprüfungsanstalt wie auch als Fachbuchautor erlangte er großes internationales Ansehen.

Der am 8. März 1847 in Stollberg/Erzgebirge geborene Carl Julius Bach, Absolvent der Kgl. Gewerbeschule und der Werkmeisterschule im sächsischen Chemnitz sowie der Polytechnischen Schule in Dresden, qualifizierte sich durch vielfältige praktische Tätigkeiten, u.a. bei Kanal- und Stollenarbeiten für den Bau der Chemnitzer Wasserleitung, in der Maschinenfabrik Richard Hartmann in Chemnitz, in der Gießerei der Gebr. Sulzer in Winterthur, am Polytechnikum in Stuttgart unter Professor Ferdinand Redtenbacher, bei Siemens Brothers in Wollwich und bei Maw & Dredge in London, als Oberingenieur der Maschinenfabrik Knaust in Wien sowie als Direktor der Lausitzer Maschinenfabrik AG.

Nach dem Abschluss als Diplom-Ingenieur an der TH Karlsruhe und auf Empfehlung des dortigen Professors für Theoretische Maschinenlehre, Franz Grashof, erhielt Bach 1878 einen Ruf als Ordentlicher Professor für das Maschineningenieurwesen mit dem Lehrauftrag für Dampfmaschinen, Dampfkessel, Elastizitätslehre und Maschinenelemente am damaligen Kgl. Polytechnikum Stuttgart.

Zunächst widmete er sich der Aufgabe, den vielerorts gehegten Gegensatz zwischen Theorie und Praxis zu beseitigen, denn noch immer gliederte man den Unterricht in „Theoretische Maschinenlehre“ und „Praktischen Maschinenbau“. Zudem waren zur Ausbildung kaum Lehrmaterialien verfügbar. Da sich seine Maxime von Anbeginn auf die „Heranbildung selbstständig denkender und selbstständig schaffender Ingenieure auf Grund dessen, was die Tatsachen und das Leben lehren“ richtete, wie Bach in „Mein Lebensweg und meine Tätigkeit. Eine Skizze“ schrieb, definierte er demgemäß auch die Eintrittsbedingungen für das Studium und forderte für das Maschinenbaustudium eine mindestens einjährige Werkstattausbildung vor Aufnahme des Studiums und während des Studiums hinreichende Praktika. Seine Aufbauarbeit gestaltete sich insofern schwierig, als er über einen langen Zeitraum ohne Assistent auskommen musste und dabei noch über zwei Amtsperioden die verantwortungsvollen Rektoratsgeschäfte zu führen hatte.

Trotz dieser Belastung half Bach dem Lehrbuchmangel in kurzer Zeit ab: Zwei Jahre nach seiner Berufung erschien die erste Auflage seines epochalen Werkes „Die Maschinenelemente – ihre Berechnung und Konstruktion“. Es wurde in drei Sprachen übersetzt und erschien bis 1921 in 13 Auflagen. 1889 folgte das Standardwerk „Elasticität und Festigkeit – die für die Technik wichtigsten Sätze und deren erfahrungsmäßige Grundlage“, das es auf neun Auflagen brachte; 1915 verfasste Bach schließlich zusammen mit seinem Nachfolger Richard Baumann den Titel „Festigkeitseigenschaften und Gefügebilder der Konstruktionsmaterialien“. Diese Schriften wurden zum Standard für Ingenieure und definierten über viele Jahrzehnte den wissenschaftlich-technischen Höchststand im sich entwickelnden Maschineningenieurwesen und in der Materialprüfung. Als sozialkritisches Werk folgte 1915 die Arbeit „Milderung der Klassengegensätze“ in der Absicht, den Arbeitern angemessenen Respekt zukommen zu lassen und der „Vergiftung des Volkslebens“ entgegenzuwirken. Bach forderte darin: „Der Ingenieur muß sich nicht nur mit seinen Fachaufgaben, sondern auch mit den Menschen und was diese bewegt, beschäftigen.“

Bach beschloss seine insgesamt 256 Titel umfassende literarische Arbeit im Jahr 1926 mit einer Bilanz über sein reiches Leben mit der bereits erwähnten Schrift „Mein Lebensweg und meine Tätigkeit. Eine Skizze“. Im Rückblick lässt er auch außergewöhnliche Lebensmaximen erkennen, z.B. dass er sich bereits frühmorgens um vier Uhr zu drei- bis vierstündigen Spaziergängen aufmachte, um allein und ungestört über persönliche und gesellschaftliche Dinge nachdenken zu können, und diese Spaziergänge als notwendig zur Entwicklung der Persönlichkeit ansah.

Neben der Wahrnehmung umfangreicher Lehrverpflichtungen plante er den Aufbau einer „Materialprüfungsanstalt“ (MPA), um seine Vorstellung zur Einheit von Forschung und Lehre zu verwirklichen, aber auch, um Defiziten bei Festigkeitsversuchen an solchen Werkstoffen abzuhelfen, die in der Frühzeit der Dampf- und Drucktechnik, des Eisenbetonbaus sowie des Motoren- und Fahrzeugbaus zum Einsatz kamen. In diesem Zusammenhang formulierte er den Grundsatz: „Nur dann ist ein für die Praxis brauchbares Ergebnis zu erwarten, wenn die Versuche weitestgehend nach Maßgabe der in der Wirklichkeit herrschenden Verhältnisse durchgeführt werden und die Forschung in engster Fühlung mit der auszuführenden Technik bleibt.“

Parallel dazu gründete Bach das „Ingenieurlaboratorium der Kgl. Technischen Hochschule Stuttgart“ zur „Untersuchung von Motoren, Dampfmaschinen einschließlich Dampfkesseln und der in Betracht kommenden Arbeitsmaschinen zur Ermittlung und Sicherstellung der wissenschaftlichen Grundlagen der Lehrgebiete, welche sich mit den genannten Maschinen, den hierzu gehörigen Vorrichtungen und den in ihnen sich vollziehenden Vorgängen zu befassen haben“. Beide Einrichtungen verzeichneten eine hervorragende Entwicklung und erlangten große Anerkennung.

Bach nahm auch vielfältige Funktionen in wissenschaftlichen und technischen Vereinigungen wahr, erhielt zudem zahlreiche Rufe von anderen Hochschulen – ETH Zürich, TH Berlin, TH Wien –, denen er jedoch nicht folgte, da er sich seiner Wirkungsstätte stets eng verbunden fühlte. Gleichermaßen verlieh man ihm zahlreiche Ehrendoktorwürden wie auch außergewöhnliche Auszeichnungen: das Ritterkreuz des Ordens der Württembergischen Krone verbunden mit dem persönlichen Adel, die Goldene Grashof-Denkmünze als höchste vom Verein Deutscher Ingenieure zu vergebende Auszeichnung, das Ehrenkreuz des Ordens der Württembergischen Krone¸ den Titel „Baudirektor“, das Komturkreuz II. Klasse des Friedrichsordens, das Komturkreuz des Albrechts-Ordens II. Klasse durch den König von Sachsen, das Wilhelmskreuz durch den König von Württemberg, den Titel „Staatsrat“, den Titel „Exzellenz“ als erstem Professor und erstem Ingenieur in Württemberg, das Komturkreuz des Ordens der Württembergischen Krone, die Wilhelm-Exner-Medaille des Niederösterreichischen Gewerbevereins; schließlich verliehen ihm die Städte Stuttgart und Stollberg die Ehrenbürgerschaft.

Unter den zahlreichen Korrespondenten – archivalisch sind 3.130 Partner überliefert – finden sich bedeutende Namen, z.B. Ferdinand Graf von Zeppelin, Rudolf Diesel, Paul Daimler, Werner von Siemens, Friedrich Schott, Richard Striebeck, Otto Graf, Richard von Mises, Franz Grashof wie auch Robert Bosch. Als Bach 1922, 75-jährig, die Lehrkanzel verließ, schrieb ihm Bosch: „Was Sie in Ihrem Berufe alles geleistet haben, ist über allgemeine Lobsprüche hoch erhaben. Es gehört der Geschichte der Technik an.“

Carl von Bach stand als weithin anerkannte Integrationsfigur im deutschen Maschineningenieurwesen in hohem Ansehen; der VDI lobte deshalb nach seinem Ableben am 14. Oktober 1931 – sein Grab befindet sich auf dem Stuttgarter Waldfriedhof – in einem am 26. Dezember 1931 in der Zeitschrift des VDI erschienenen Nachruf nicht nur „geistreiche Einfälle, gründliche Arbeit und Ausdauer sowie den Mut, für seine von den herrschenden Meinungen oft abweichende Überzeugung einzutreten“, sondern auch Bachs „Kampfnatur, überragende Arbeitskraft und unbeugsames Zielbewußtsein“, nannte ihn zudem einen „begnadeten Forscher und Lehrer, der für seine Arbeit aus innerer Notwendigkeit lebte“.

Seiner ehemaligen Bildungseinrichtung, der heutigen TU Chemnitz, blieb Bach zeitlebens verbunden und nahm nachhaltig Einfluss auf ihre Entwicklung. Er initiierte dort die Gründung einer Gesellschaft von Freunden der Gewerbeakademie und übernahm ab 1921 den Ehrenvorsitz dieser Akademie. Bereits 1919 vermachte er testamentarisch seinen gesamten Schriftnachlass seinem Sohn Julius, der von 1921 bis 1954 erfolgreich in Chemnitz als Wissenschaftler wirkte und dem es auch zu danken ist, dass dieser bedeutende Nachlass erhalten blieb und heute im Umfang von 40 laufende Meter, darunter 55.000 Briefe, einen wertvollen Fundus der TU Chemnitz darstellt. Ein ehrendes Andenken wahrt ihm das Gymnasium seiner Heimatstadt Stollberg, das anlässlich seines 150. Geburtstages den Namen „Carl-von-Bach-Gymnasium“ erhielt. Zum gleichen Anlass wurde 1999 die im Jahre 1911 ins Leben gerufene Reisestiftung wiederbelebt. Ehemals ermöglichte sie begabten Schülern und Lehrlingen den Besuch des Deutschen Museums München, heute soll die „Carl-von-Bach-Stiftung“ vor allem den naturwissenschaftlich-technischen Nachwuchs fördern.

In gleicher Weise fühlt sich Stuttgart verpflichtet, das wissenschaftliche Erbe Bachs zu bewahren: Anlässlich des 100-jährigen Bestehens der Stuttgarter Materialprüfungsanstalt wurde 1984 eine „Carl-von-Bach-Gedenkmünze“ gestiftet, um Persönlichkeiten zu ehren, die sich um die „Stärkung von Forschung, Entwicklung und Lehre“ auf dem Gebiet der Materialprüfung und Festigkeitsberechnung im Bach’schen Sinne in Verbindung mit der MPA der Universität Stuttgart verdient gemacht haben.

Text: Friedrich Naumann
Schlagworte: Wissenschaftsfestival, Stuttgart-Ost
Quellenhinweise:

TU Chemnitz Universitätsarchiv NL 302 – Bach, Carl.

Literaturhinweise:

Gerhard Hochmuth, Carl Julius Bach. Zum politischen Denken und gesellschaftlichen Wirken eines bedeutenden Ingenieurs, unv. Diss., Universität Leipzig 1967.
Friedrich Naumann (Hg.), Carl Julius von Bach (1847-1931). Pionier – Gestalter – Forscher – Lehrer – Visionär, Stuttgart 1998.
Friedrich Naumann, Bach, Carl Julius von, in: Württembergische Biographien unter Einbeziehung hohenzollerischer Persönlichkeiten, Bd. 1, Stuttgart 2006, S. 3-6.

GND-Identifier: 116024941
Publiziert am: 19.04.2018
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Naumann, Carl von Bach (1847-1931), publiziert am 19.04.2018 in: Stadtarchiv Stuttgart,
URL: https://www.stadtlexikon-stuttgart.de/article/3a150070-0865-41d2-86c8-34e1cbe66af1/Carl_von_Bach_%281847-1931%29.html