Der einfache Neubau der Kirche St. Barbara von 1783/84 im stets katholischen Hofen erhielt seine zeitgleich entstandenen Altäre erst 1810 aus Oeffingen. 1931 gab Hugo Schlösser dem Innenraum seine harmonische Erscheinung. Neben Altären und originaler Kanzel ist das Wallfahrtsbild der „Stuttgarter Madonna“ von ca. 1500 das bedeutendste Ausstattungsstück.

St. Barbara in Hofen ist im heutigen Stuttgarter Stadtgebiet die Kirche mit der ältesten ungebrochenen Tradition. An ihr ging die Reformation vorüber, da sie nicht auf württembergischen Gebiet lag, sondern zu den Besitzungen des reichsritterlichen Geschlechts der Grafen von Neuhausen gehörte. Diese hatten 1369 von Graf Eberhard II. Burg und Dorf Hofen sowie Mühlhausen und Oeffingen im Tausch für die halbe Burg und den Ort Neuhausen auf den Fildern erhalten. So blieb Hofen stets katholisch und seine Kirche war lange Zeit die einzige katholische im Stuttgarter Raum.

Die Hofener Kirche als Filialkirche der Cannstatter Stadtkirche gab es spätestens seit dem 15. Jh., 1522 wurde sie Pfarrkirche; 1751 ist von Baufälligkeit zu hören. 1783 kam es zum Neubau nach Plänen von Bauinspektor Michael Bader aus Oeffingen. Der neue Chor entstand über dem alten, so dass vorhandene Grabmäler übernommen werden konnten; entsprechend einem vorliegenden Wunsch Herzog Karl Eugens. Darin zeigte sich das spezielle Interesse des damals gleichfalls katholischen Herzogs an dieser Dorfkirche, die als einzige in weitem Umkreis öffentliche katholische Messen erlaubte.

1784 wurde der Bau geweiht. Die Baukosten von 6915 Gulden waren sehr bescheiden. Neben dem Konstanzer Domkapitel trugen Bischof und Herzog je 500 Gulden, der württembergische Kirchenrat 1000 Gulden bei. Bau und Ausstattung waren schmucklos, dem einfachen Langhaussaal mit Satteldach schließt sich ein eingezogener, längsrechteckiger Chor mit unregelmäßigem Dreiseitschluss an. Südlich im Winkel von Langhaus und Chor springt ein gedrungener Turm vor, nur das umgeführte Dachgesims bindet ihn optisch ins Bauganze ein, in Höhe des Chorfirsts geht sein Viereck in ein einfaches oktogonales Glockengeschoss mit glockenförmiger Schieferhaube über. Allein die westliche Querschnittsfassade bietet eine Gliederung des sonst weiß verputzten Äußeren: Ecklisenen fassen die Kanten, drei Rundbogenfenster im oberen Bereich definieren drei Achsen, die durch zwei gleichfalls flache Lisenen geteilt werden, ein schmaler Gesimsstreifen in ihrer Bankhöhe sondert den unteren Fassadenteil ab, dessen Mitte das stichbogige Hauptportal einnimmt. In den oberen Abschluss der beiden inneren Lisenen sind zwei beschnittene mittelalterliche Schlusssteine gesetzt, die wohl aus dem Chorgewölbe des Vorgängerbaus stammen. Der zaghaft geschweifte Giebel über dem Hauptgesims wird horizontal zweigeteilt, unten mit winzigem Okulus belebt, oben mit Kreuzöffnung. Auch das Innere war weitgehend schmucklos, den Langhaussaal gliederten nur flach der Wand aufgelegte Lisenen unter einer Kehle, eine einfach getünchte Holzdecke schloss ihn wie auch den Chor ab. Haupt- und Nebenaltäre, Kanzel und Orgel wurden vom Vorgängerbau übernommen und waren zu klein, ebenso das Gestühl, das wegen seiner Brüchigkeit schon 1786 durch ein neues ersetzt werden musste.

1753 verkaufte Josef Athanasius von Neuhausen die Burg und das Dorf Hofen an Herzog Karl Eugen. Oeffingen war bereits 1619 an das Domkapitel Augsburg verkauft worden und fiel deshalb 1803 zunächst an Bayern und schließlich 1810 an Württemberg. Nachdem das Franziskanerkonvent in Oeffingen durch das Königreich Bayern aufgehoben und seine gleichzeitig zur Hofener entstandene Kirche abgerissen wurde, bot sich 1810 für Hofen die Möglichkeit, aus der in Oeffingen frei gewordenen Kirchenausstattung die Hauptteile zu erwerben. Für eine offensichtlich sehr ähnliche Kirche geschaffen, ergänzten sie in bester Weise das in Hofen noch Fehlende.

1884 erfolgte eine erste Renovierung; 1931 wurde eine weitere nötig, die nun auch die Diskrepanz zwischen nüchternem Kirchenraum und farbigen Rokokoaltären beseitigen sollte. Die Pläne für die behutsame und doch entscheidende Überarbeitung lieferte Hugo Schlösser (1874-1967), erst dadurch entstand der heutige einheitliche Eindruck. Die zurückhaltende Stuckierung, die dem Raum seine Stille belässt und ihm doch Struktur verleiht, die unaufdringliche Farbtönung, die Abtrennung des Emporenaufgangs unter gleichzeitigem Einbau der Beichtstühle in die Westwand haben mit der historischen Ausstattung ein Ensemble geschaffen, das eine Geschlossenheit erreicht, die durchaus die originale der Erbauungszeit sein könnte.

Die einfache Felderteilung der Fassade nimmt nun die Decke des Innenraums wieder auf; der Bezug zwischen Wand und Decke ist nur sehr lose, wodurch die ursprüngliche Einfachheit noch anklingt: Zwischen den vier Fenstern der Längsseiten gliedern drei Paare gekuppelter Pilaster den Raum, die zum Gesims einer Kehle aufsteigen, die wiederum zur Decke überleitet. Die Fläche der Decke ist in verschiedene querrechteckige Felder geteilt. Allein die beiden großen mittleren Deckenfelder mit ihren Strahlensymbolen im Rund stehen in klarem Bezug zu den darunter aufragenden Fenstern; sie werden skandiert von schmalen Querfeldern mit je fünf kreuzgefüllten Quadratkassetten, deren Dreizahl man erst in direktem Bezug zu den Pilastern sieht, so dass sich eine gurtähnliche Gliederung um die Deckenkreise sowie Einleitungs- und Schlussfeld ergibt. In die Raumtiefe durchzieht eine Dreiteilung – wie in der Fassade – die Deckenanordnung. Die Schlösser‘sche Überarbeitung beruht ganz auf dem vorher Gegebenen, neben Einführung des Deckenstucks hob sie lediglich Pilaster, Sims und Kehle durch leichte Reliefverstärkung und farbliche Tönung hervor, zudem erhielten Fenster und Chorbogen leichte Stuckrahmen.

Die drei ehemaligen Franziskaneraltäre, die in Farb- und Formausdruck eindeutig zur selben Familie gehören, ergänzen den Raumeindruck wesentlich. Sie entstanden in der Werkstatt Jakob Schöningers in Weil der Stadt, 1778 und 1780 geweiht, die weißpolierten Holzfiguren sind Werke des Augsburger Bildhauers Johann Joseph Goetzl (um 1740-nach 1790), während die Gemälde auf Johann Josef Anton Huber (1737-1815) zurückgehen, von dem auch die Fresken in den Klöstern Oberschönenfeld und Ochsenhausen stammen. Der Hauptaltar zeigt im Bild den hl. Antonius von Padua, einen der Hauptheiligen des Franziskanerordens; die zwischen den korinthischen Altarsäulen stehenden Skulpturen stellen die Heiligen Petrus (links) und Wolfgang (rechts) in Lebensgröße dar. Insgesamt neun Engelputten sind, teils anbetend, teils Attribute haltend, in den Altaraufbau eingefügt und nehmen die Erinnerung an die neun Engelhierarchien auf. Das Bild der tatsächlichen Patronin der Hofener Kirche, der heilige Barbara, ist an der Chorsüdwand angebracht als charakteristische Holzplastik des frühen 17. Jahrhunderts.

Im Gesamteindruck des Chors spielen die unscheinbaren Priesterbank-Dorsalen mit ihrem dunklen Holzton eine Rolle, sie kamen wie die Kanzel aus dem Vorgängerbau; ihre Formensprache setzt sie etwa in die Mitte des 18. Jahrhunderts. Von den früheren Seitenaltären am Chorbogen war der rechte dem Herzen Jesu und den 14 Nothelfern geweiht, an seine Stelle trat 1810 ein Franziskusaltar mit Clara (links) und Elisabeth von Thüringen (rechts) als Begleitfiguren. Der linke Seitenaltar war Maria geweiht, der Oeffinger Altaraufbau setzt die bestehende Tradition fort, Begleitfiguren sind die Eltern Mariae, Joachim und Anna. Hier fand die „Stuttgarter Madonna“ ihre Aufstellung, seit sie 1535 (wohl) aus der Stiftskirche nach Hofen gebracht worden war; 1954 bestätigte der Rottenburger Bischof offiziell die darauf beruhende Wallfahrt nach Hofen. Das Gnadenbild ist ein holzgeschnitztes, original gefasstes Bildwerk, die frontal sitzende Maria hält das Jesuskind auf dem Knie, das sich, eine Goldkugel in der Linken, segnend zur rechten Seite wendet, wo eine Fortsetzung der Szene zu erwarten wäre – offenbar stammt die Figur aus einer sonst verlorenen Gruppe der Anbetung der Könige. Gesichtsausdruck, Haltung und Faltenwerk sprechen deutlich für die Ulmer Schule, wie sie besonders die Werkstatt Niklaus Weckmanns geprägt hat, woraus sich eine Datierung in die späten Jahre des 15. Jahrhunderts ergibt.

Die älteste Plastik unter den übrigen Ausstattungswerken der Barbarakirche ist die Marienklage aus dem späten 14. Jahrhundert links neben dem Marienaltar an der Nordwand. Der Spätgotik um 1500 entstammen neben dem Wallfahrtsbild der Kruzifixus der Chorsüdwand, der Heilig-Grab-Christus im Chor, der (ergänzte) Auferstehungs-Christus an der Langhaus-Nordwand und auch der spätgotische Taufstein nördlich im Chor. Jünger als die genannte Barbarastatue sind die beiden Leuchterengel auf der Chorseite des Triumphbogens, doch noch aus dem 17. Jahrhundert wie auch der Opferstock unter der Empore mit zeittypischem Blattornament, Aufschrift und Datum 1661. Eine ganz rokokohafte Gestalt ist der Aloisius Gonzaga über der Sakristeitür im Chor.

Die Kanzel ist ursprünglicher Hofener Eigenbesitz – wohl nicht allzu lange vor dem Kirchenneubau entstanden – und in anderer Formensprache als die Altäre. Der Kanzelkorb mit seiner kleinteilig feinen, noch ganz rokokohaft leichten Ornamentik erweist sich als hübsches Beispiel eines Stuttgarter „Goût grec“ – wohl verspielter und üppiger als die hochkultivierten Ornamente eines Philippe de La Guêpière, aber doch durchaus beherrscht von dem neuen Bedürfnis nach Regulierung zum Ende des Rokoko.

Die Kirche umgibt noch heute die spätgotische Kirchhofmauer mit zwei ursprünglichen Zugängen. Der Friedhof, auf dem sich auch einige katholische Stuttgarter – meist Hofangehörige – bestatten ließen, wurde bis 1795 genutzt. Nur wenige Grabmäler sind dort erhalten, darunter das des Ludwig von Neuhausen und seiner Gemahlin, ein schönes Renaissancewerk um 1578, oder das der 1730 verstorbenen Friederike Bittio, geb. Retti, ein ebenfalls charakteristisches Werk des Barock. Der bekannteste Name eines hier Bestatteten ist zweifellos der des württembergischen Hofmalers Nicolas Guibal (1725-1784), dessen Grabmal seit 1809 verschollen ist, an den jedoch seit 1999 ein Obelisk nördlich der Kirche erinnert.

Text: Harald Möhring
Schlagwort: Stuttgart-Mühlhausen
Literaturhinweise:

Johannes Barth, Festbuch zur 450-Jahrfeier der Pfarrei St. Barbara Stuttgart-Hofen, Stuttgart 1974.
Harald Möhring, Pfarrkirche St. Barbara in Stuttgart-Hofen, Regensburg 1984.
Georg Ott-Stelzner, Die Baugeschichte der St. Barbara-Kirche in Stuttgart-Hofen, Universität Tübingen 1983 (masch. Ms.).


GND-Identifier: 7716217-1
Publiziert am: 19.04.2018
Empfohlene Zitierweise:
Harald Möhring, St. Barbara Hofen, publiziert am 19.04.2018 in: Stadtarchiv Stuttgart,
URL: https://www.stadtlexikon-stuttgart.de/article/4655c16f-94a4-4b2a-b9ea-887c4c5d1cb6/St._Barbara_Hofen.html