Geboren am 11. Juni 1759 in Koblenz wurde Johann Nepomuk Hubert (von) Schwerz 1818 vom württembergischen König Wilhelm I. zum ersten Rektor der neu gegründeten landwirtschaftlichen Unterrichts-, Versuchs- und Musteranstalt Hohenheim, dem Vorläufer der heutigen Universität, ernannt.
Schwerz hatte sich in Preußen bereits einen Namen als renommierter Agrarwissenschaftler gemacht, als im Jahr 1815 der Ausbruch des Vulkans Tambora in Indonesien unglaubliche Mengen an Asche und Schwefel rund um den Globus schickte. Diese verdunkelten den Himmel über Europa und ließen schließlich das Jahr 1816 auch in Stuttgart als das „Jahr ohne Sommer“ ins kollektive Gedächtnis der Menschen eingehen. Verheerende Missernten waren die Folge und es wurde deutlich, dass der Situation mit den bisherigen, zum Teil stark rückständigen landwirtschaftlichen Strukturen und Produktionsmethoden nicht beizukommen war.
Mit der Berufung auf den Posten des Direktors in Hohenheim am 20. November 1818 kam Schwerz daher maßgeblich die Aufgabe zu, in Württemberg eine wissensbasierte Landwirtschaft zu etablieren und diese nachhaltig zu modernisieren.
Gemeinsam mit den ersten Studierenden, damals Zöglinge genannt, bezog Schwerz in Hohenheim die Räume der Speisemeisterei des Hohenheimer Schlosses. Zu Schwerz Zeiten nahmen Lehrende und Studenten hier gemeinsam ihre Mahlzeiten ein – an einer langen Tafel sitzend, nach Alter geordnet. Neben dem Speisesaal waren im Erdgeschoss die Kanzlei und das chemische Laboratorium untergebracht. Im ersten Stock des Gebäudes, das heute das Universitätsarchiv beherbergt, befanden sich einst die Schwerz’schen Wohnräume.
Sein umfangreiches Wissen auf dem Gebiet der Landwirtschaft hatte Schwerz sich überwiegend im Selbststudium und auf Reisen nach Belgien angeeignet. In Hohenheim legte er seine Forschungs- und Ausbildungsschwerpunkte auf den Übergang von der Dreifelderwirtschaft zur Fruchtwechselwirtschaft und führte dazu umfassende Fruchtwechselversuche durch. Weiter wurde er nicht müde, die Bedeutung von Naturdünger für die Produktionssteigerung zu betonen, und sorgte für die Überführung der württembergischen Stammschäferei von der Alb nach Hohenheim. Die Versuchsfelder und die Versuchsstation auf dem ebenfalls auf Schwerz zurückgehenden Meiereihof der Universität prägen bis in die Gegenwart das Landschaftsbild rund um den Stuttgarter Stadtteil Plieningen.
Dank Schwerz darf sich Stuttgart heute außerdem Heimatort der ältesten deutschen Landmaschinenfabrik nennen. Die 1819 gegründete und zum Institut von Schwerz gehörende Ackergerätefabrik hatte wesentlichen Anteil an der frühen Mechanisierung der württembergischen Landwirtschaft und gilt als frühes Beispiel eines erfolgreichen Technologietransfers. Sie produzierte ab 1824 unter anderem den flandrischen Pflug, den Schwerz auf seinen Reisen nach Belgien kennengelernt hatte und der den bislang verbreiteten hölzernen Landpflug ersetzte. Bei der festlichen Verabschiedung von Schwerz im Jahre 1828 erhielt der Pflug den Beinamen „Schwerz’scher Pflug“, unter dem er auch heute noch bekannt ist.
Maßstabgetreue Modelle landwirtschaftlicher Geräte nahmen von Stuttgart aus ihren Weg in die Welt, wo sie als Vorbild für den Nachbau in Originalgröße dienten. So hob unter anderem der Ingenieur und Schriftsteller Max Eyth die Bedeutung der Hohenheimer Modelle 1862 bei der Weltausstellung in London vor großem Publikum hervor.
Lag sein Augenmerk besonders auf einem engen Praxisbezug, so spielte die wissenschaftliche und theoretische Fundierung seiner Arbeit für Schwerz ebenfalls eine wichtige Rolle. In Hohenheim schrieb er sein Hauptwerk „Anleitung zum practischen Ackerbau“ in drei Bänden und es verwundert nicht, dass auch die Gründung der in der Garbenstraße gelegenen Hohenheimer Universitätsbibliothek auf deren ersten Direktor zurückgeht.
Schwerz, der 1793 aus dem linksrheinischen Gebiet vor den französischen Revolutionsheeren hatte fliehen müssen, sprach sich Zeit seines Lebens gegen plötzliche Umwälzungen und für eine stufenweise Veränderung in der Landwirtschaft aus, auch um die Akzeptanz der Maßnahmen in der Bauernschaft zu erhöhen. Landwirtschaft und Natur hatten für ihn einen stark religiösen Bezug, was sich sehr schön in seiner Eröffnungsrede in Hohenheim vom 20. November 1818 nachvollziehen lässt.
Schwerz, der als Hauptvertreter der empirisch-rationellen Landwirtschaftslehre gilt, bezeichnete es als Richtschnur seines Handelns, der Natur zwar nachzuhelfen, sie aber nicht meistern zu wollen. Erfahrung und Beobachtung galten ihm als beste und zuverlässigste Lehrmeisterinnen. Dabei war er sehr darauf bedacht, die Landwirtschaft als Hauptzweck der Hohenheimer Anstalt im Vordergrund zu halten. Die seit 1820 ebenfalls in Hohenheim ansässige Forstwirtschaft betrachtete er als Nebenwissenschaft und auch die anderen in Hohenheim gelehrten Fächer sollten als Hilfswissenschaften die Landwirtschaft flankieren.
Nach zehn Jahren und ausgezeichnet mit dem Kommandeurkreuz des Ordens der württembergischen Krone verließ Schwerz Hohenheim schließlich im Jahre 1828 und ging zurück in seine Geburtsstadt Koblenz, wo er am 11. Dezember 1844 starb.