Auf dem Schillerplatz, dem früheren Alten Schlossplatz, steht seit dem Jahr 1839 das Bronze-Denkmal des Dichters Friedrich Schiller (1759-1805), von 1773 bis 1780 Schüler der Militärakademie Stuttgart, entworfen von dem dänischen Bildhauer Bertel Thorvaldsen (1768-1844).

Am 9. Mai 1825 gedachten die Mitglieder des Stuttgarter „Liederkranzes“, ein Verein kunstsinniger Bürger der Stadt, des 20. Sterbetages des damals populärsten und gefeiertsten deutschen Dichters Friedrich Schiller. Ein Jahr zuvor war der Gedanke entstanden, dem Dichter, der in Stuttgart zur Schule gegangen war, ein Denkmal zu errichten.

Schillers Vater, ein Wundarzt in Militärdiensten, wurde Ende 1766 zur Garnison nach Ludwigsburg versetzt, wo Friedrich die Lateinschule besuchte. 1773 holte ihn Herzog Karl in seine militärische Pflanzschule auf der Solitude. 1775 wurde die Militärakademie nach Stuttgart verlegt, später, nach Schillers Austritt, erhielt sie die Bezeichnung „Hohe Karlsschule“. Schiller studierte Rechtswissenschaften und Medizin. Schon zur Schulzeit begann er mit der Ausarbeitung seines Trauerspiels „Die Räuber“. 1780 verhalf ihm eine philosophische Abhandlung zur ersehnten Entlassung aus der Schule. Er wurde Medikus bei einem Grenadierregiment. 1782 führte man die „Räuber“ mit großem Erfolg auf der Mannheimer Hof- und Nationalbühne auf. Eine nicht genehmigte Reise nach Mannheim und anstößige Stellen in den „Räubern“ führten dazu, dass der Herzog ihm verbot, fernerhin „Komödien“ oder sonst dergleichen zu schreiben. Schiller nahm dies zum Anlass, am 23. September 1783 aus Stuttgart zu fliehen. Seine erfolgreiche schriftstellerische Karriere setzte er an anderen Orten in Deutschland fort.

Der Plan, Schiller in Stuttgart ein Denkmal zu errichten, war nicht neu. Schon 1805 hatte ihn der Stuttgarter Bildhauer Dannecker geäußert. Um 1820 schrieb der Kunstsammler Sulpiz Boisserée an den Bildhauer Bertel Thorvaldsen in Rom: „(Dannecker) hat durch seine nicht genug zu bewundernde Büste von Schiller, die er zu einem demselben in der Heimath zu errichtenden Denkmal bestimmt, ein würdiges unseren Wünschen höchst willkommenes Beispiel gegeben.“ Die Büste Danneckers, die dieser 1794 von seinem Jugendfreund modelliert hatte, blieb als Vorlage im Standbild Thorvaldsens erhalten, zumal Thorvaldsen seinen Stuttgarter Kollegen kannte und hoch schätzte und ihn auch in Stuttgart besucht hatte.

Danneckers Büste stand seit 1826 im Mittelpunkt der alljährlichen Feier in Stuttgart anlässlich Schillers Todestag, aber erst mit dem Datum vom 30. Januar 1830 hatte eine neu gebildete Kommission, der „Verein für das Denkmal Schillers in Stuttgart“, eine Bittschrift an Thorvaldsen durch den Bildhauer Georg Konrad Weitbrecht überbringen lassen, in dem der „Phidias unserer Zeit“ gebeten wurde, ein Schiller-Denkmal für Stuttgart zu entwerfen. Vorgeschlagen wurde, der Bildhauer möge Danneckers Büste zum Vorbild nehmen und den Dichter sitzend in Bronze oder bronziertem Eisen konzipieren. Weitbrecht sollte für den Verein nach den Entwürfen Thorvaldsens das Modell anfertigen. Dieser Plan und auch der Grundstücksankauf für die Aufstellung des Denkmals vor dem Haupttor Stuttgarts gerieten jedoch in Vergessenheit.

Die Bereitwilligkeit Thorvaldsens zur Schaffung des Schiller-Denkmals war aber seit Ende 1834 bekannt. Der württembergische Geschäftsträger in Rom Karl von Kolb hatte das Vorhaben wieder aufleben lassen und begleitete es als Vermittler zwischen Rom und Stuttgart.

Das Kunstblatt verkündete 1835 unter der Überschrift „Neuere Monumente“: „Stuttgart. Neuesten Nachrichten aus Rom zufolge hat Thorwaldsen die Skizze zu dem kolossalen Standbild Schillers in halber Lebensgröße vollendet. Der Dichter, in modernem Kostüm, über welches der Mantel geworfen ist, schreitet voran, in der Linken eine Rolle, mit der Rechten den Mantel über der Brust zusammenfassend. Die herrliche Auffassung des Charakters der Gestalt und Physiognomie erregt allgemeine Bewunderung. Der Bildhauer Matthiä von Berlin hat bereits den Thon zum Modell aufgebaut, und sieht man einer baldigen Vollendung des Werkes unter der handanlegenden Aufsicht des großen Meisters entgegen.“

Im Sommer 1835 begeisterte sich der Vorstand des Vereins, Hofrat Dr. Georg Reinbeck: „Wären Sie Zeuge gewesen von dem lauten Ausbruche der Freude bei der Nachricht, dass Schiller’s Abbild […] aus Ihren Schöpferhänden nun hervorgegangen ist […]. Welch eine hohe beneidenswerthe Zierde wird dieses Denkmal für Stuttgart seyn und welch ein Tag der Feier, an welchem dasselbe dem Blicke des staunenden Deutschlands enthüllt wird.“ Entstanden war der erste plastische Entwurf, der sich heute in Thorvaldsens Museum in Kopenhagen befindet. Das Gipsmodell mit einer Höhe von 3,91 Meter formte Thorvaldsens Schüler Mathiae.

Im Januar 1836 bekräftigte der Bildhauer in einem Brief an Conrad Rantzau: „Sobald […] das Monument Schillers, daß unter meiner Leitung und nach meinem Entwurf ausgeführt wird […] fertig sein (wird), verlasse ich sogleich Rom […].“ Aber es dauerte noch, bis das Denkmal in Stuttgart eintraf. Der Kritiker und Literaturhistoriker Wolfgang Menzel, Mitglied des Stuttgarter Vereins, schickte Thorvaldsen im Februar 1836 seine „Italienische Reise“ und dankte auch im Namen seiner Landsleute: „Wir brennen hier vor Begierde, Ihr neues Meisterwerk – Schiller – kennenzulernen. Sie machen damit einer ganzen Welt ein Geschenk und selbst die rohe Menge fühlt, was es bedeutet, wenn der größte Künstler Europas das Bild unseres geliebten vaterländischen Dichters aus freyem Antrieb und zu Deutschlands Ehre schafft.“

Kurz danach hatte Dannecker Thorvaldsen geschrieben, dass er sich besonders freue, „bald wenigstens eines Ihrer neuesten Werke, ich meine das Monument für unsern großen Landsmann Schiller in meiner Vaterstadt zu begrüßen“. Die Stuttgarter ehrten den Bildhauer und überreichten ihm eine Prachtausgabe der Werke Schillers, die 1836 erschienen war; der württembergische König verlieh ihm den Friedrichs-Orden.

Aus Thorvaldsens Nachlass haben sich Graphiken und Gipsmodelle erhalten, ein Beweis dafür, wie sorgfältig er sich auf seine Arbeit vorbereitete, darunter eine Radierung „Schiller in seinem 28. Jahr“ und in Kisten die erwähnte Schillerstatue, die Büste von Schiller und eine Maske von Dannecker, zwei Basreliefs mit Viktorien und Schillers Apotheose.

Besonders Karl von Kolb trug dazu bei, dass der Bildhauer den Stuttgartern im März 1837 mitteilen konnte, dass die Gipsformen nach München zur Gießerei von Johann Baptist Stiglmaier, einem ehemaligen Schüler Thorvaldsens, abgegangen seien. Ende 1837, als die Basreliefs schon gegossen und die Statue abgeformt waren, hatte man einen besseren Platz für das Denkmal gefunden, vorgeschlagen vom Baumeister Thouret, Vereinsmitglied und Vorstand der Kunstschule, nämlich den Alten Schlossplatz. Der Grundstein für das Denkmal wurde am 22. November 1838 gelegt.

Am 8. Mai 1839, dem Vorabend von Schillers Todestag, wurde die früheste und erste Schillerstatue Deutschlands in Stuttgart vom Geläut der Stadt und von vielen Chören vor „wenigstens zehntausend Anwesenden“ feierlich begrüßt und vom Enkel Schillers enthüllt. Der Sockel stammte von Thorvaldsens Landsmann Bindesböll, dessen Vorschläge aber nur teilweise von Thouret übernommen wurden. Drei von vier Sockelreliefs gehen auf Thorvaldsens Entwürfe zurück: die Apotheose mit den Sternkreiszeichen von Schillers Geburts- und Sterbemonat, der Genius der Poesie und die Viktoria. Schiller trägt auf dem Haupt einen Lorbeerkranz, ein zeitgemäßes Kostüm mit offenem, weichen Kragen, darüber einen langen Umhang. In der herabhängenden linken Hand trägt er ein Buch, abweichend vom Entwurf, in dem er eine Papierrolle hält.

Zwanzig Tage nach der Enthüllung meldete sich der Verein bei Thorvaldsen: „Der Name Thorwaldsen ist mit unverlöschlichen Zügen den Annalen Württembergs eingeäzt“ – wohl auch deshalb, weil der Bildhauer den Stuttgartern versprochen hatte, ihnen Werke seiner Hand für ein Thorvaldsen-Museum zu überlassen. Dieser Plan verwirklichte sich stattdessen in seiner Heimat, in Kopenhagen.

Es gab Kritiker, die die nachdenkliche und grüblerische Haltung der Statue Schillers störte, aber Thorvaldsen antwortete laut Egon Weyer im Jahr 1841 darauf: „Ich denke diese Statue von Erz wird wohl 300, wohl 500 Jahre stehen und dann werden die Leute nicht mehr tadeln, warum ich dem Dichter keine übermütige und herausfordernde Haltung gegeben habe. Ich glaubte, den mitten in einer frivolen Zeit gleichwohl ernst und tragisch gebliebenen Dichter dantesk auffassen zu müssen.“

Thorvaldsen besuchte Stuttgart und sein Denkmal 1841 zunächst unerkannt auf einer Rückreise von Kopenhagen nach Rom; er wiederholte sein Angebot zur Überlassung seiner Werke und der Stadtrat Stuttgart fühlte sich verpflichtet, ihm die Bürgerrechte der Königlichen Haupt und Residenz-Stadt zu verleihen.

Text: Katharina Bott
Schlagwort: Stuttgart-Mitte
Quellenhinweise:

Thorvaldsens Museum Archives, Kopenhagen, m6 1820, nr. 21 (Zitat Sulpiz Boisserée u. Zitat Hofrat Dr. Georg Reinbeck).
Thorvaldsens Museum Archives, Kopenhagen, m28, nr. 83 (Zitat Thorvaldsen an Conrad Rantzau).
Thorvaldsens Museum Archives, Kopenhagen, m21 1836, nr. 4 (Zitat Wolfgang Menzel an Thorvaldsen).
Thorvaldsens Museum Archives, Kopenhagen, m21 1836, nr. 8 (Zitat Dannecker an Thorvaldsen).
Thorvaldsens Museum Archives, Kopenhagen, m23 1839, nr. 6 (Zuschauerangabe 8.5.1839).
Thorvaldsens Museum Archives, Kopenhagen, m23 1839, nr. 5 (Verein an Thorvaldsen).

Literaturhinweise:

Gerhard Bott (Hg.), Bertel Thorvaldsen. Skulpturen, Modelle, Bozzetti, Handzeichnungen, Gemälde aus Thorvaldsens Sammlungen, Köln 1977.
Katharina Bott, Bertel Thorvaldsen, Friedrich Schiller, in: Künstlerleben in Rom, Bertel Thorvaldsen (1770-1844). Der dänische Bildhauer und seine deutschen Freunde, Nürnberg/Schleswig 1992, S. 685-688.
Sylvia Heinje, Zur Geschichte des Stuttgarter Schiller-Denkmals von Bertel Thorvaldsen, in: Gerhard Bott (Hg.), Bertel Thorvaldsen. Untersuchungen zu seinem Werk und zur Kunst seiner Zeit, Köln 1977, S. 399-418.
Karlheinz Hemmeter, Studien zu Reliefs von Thorvaldsen, München 1984.
Egon Weyer, Thorvaldsen, Dannecker und Stuttgart. Gedanken zum 125jährigen Bestehen des Schillerdenkmals, in: Beiträge zur Landeskunde. Regelmäßige Beilage zum Staatsanzeiger für Baden-Württemberg, Nr. 4, Oktober 1964, S. 1-9.

Publiziert am: 19.04.2018
Empfohlene Zitierweise:
Katharina Bott, Schillerdenkmal, publiziert am 19.04.2018 in: Stadtarchiv Stuttgart,
URL: https://www.stadtlexikon-stuttgart.de/article/4864646f-b763-47fe-84b8-106fd2839575/Schillerdenkmal.html