Johannes Reuchlin wurde als eines von drei Kindern der Eheleute Georg und Elisabeth Reuchlin am 29. Januar 1455 in Pforzheim geboren. Nach dem Besuch der Lateinschule in Pforzheim absolvierte er ein Studium an der Artistenfakultät der Universität Freiburg. Um als Mentor den Markgrafen Friedrich von Baden nach Paris zu begleiten, unterbrach er sein Studium, das er nach der Rückkehr in Basel fortsetzte. Das Baccalaureat legte er 1475 ab, 1477 folgte der Magister Artium. Es schlossen sich Studien der Jurisprudenz in Orléans und Poitiers an, die ihn zum Juristen der weltlichen Rechte machten. Ab 1481 strebte Reuchlin die juristische Promotion in Tübingen an. Bereits 1481/82 trat er in den Dienst Graf Eberhards im Barte und begleitete ihn aufgrund seiner ausgezeichneten Lateinkenntnisse nach Rom, um dort unter anderem die Erlaubnis zum Erhalt der 1477 gegründeten Universität Tübingen durch das päpstliche Privileg zu erlangen. Das Dienstverhältnis war für Reuchlin fruchtbar: 1483 wurde er zum württembergischen Rat und Beisitzer am Hofgericht ernannt. Außerdem war er an zahlreichen diplomatischen Missionen beteiligt, die ihn wieder nach Italien, aber auch nach Österreich und in weitere deutschsprachige Gebiete führten.
Anlässlich einer Delegation an den Kaiserhof zu Wien wurde Reuchlin 1492 von Friedrich III. zum Hofpfalzgrafen (kleines Palatinat) ernannt und in den Adelsstand erhoben. Ebenfalls in Wien begann er unter Anleitung des kaiserlichen Leibarztes Jakob ben Jehiel Loans Hebräisch zu lernen. Spätestens seine erste Heirat führte ihn nach Stuttgart, von wo aus er regelmäßig zu seiner Wirkungsstätte nach Tübingen pendelte. In Stuttgart lebte Reuchlin im Zentrum in unmittelbarer Nähe der Stiftskirche. Seine erste Frau war eine Tochter aus der Stuttgarter Bürgerfamilie Hänslin Müller und brachte größeren Grundbesitz in der Umgebung von Ditzingen mit in die Ehe. Sie starb um 1500 und wurde in der Dominikanerkirche beigesetzt. Die zweite Frau Anna stammte vermutlich aus der Familie Decker-Vautt, ebenfalls aus dem Stuttgarter Umland. Ihr gemeinsames Kind starb früh; um 1519 starb auch Reuchlins zweite Frau.
Der Tod Eberhards 1496 zwang Reuchlin vor dem Einfluss Conrad Holzingers, dem Günstling von dessen Nachfolger Eberhard II., nach Heidelberg zu fliehen; Reuchlin hatte 1488 für dessen Verhaftung gesorgt. In Heidelberg trat er in den Dienst von Pfalzgraf Philipp ein und erweiterte seinen humanistischen Bekanntenkreis. Nach der Absetzung Eberhards II. von Württemberg durch Kaiser Maximilian I. kehrte Reuchlin 1499 nach Stuttgart zurück, wo er von 1502 bis 1512 als Bundesrichter die Vertretung der Fürsten im Schwäbischen Bund übernahm. Nachdem der Bund und sein Gericht nach Augsburg verlegt worden sowie Ulrich von Württemberg ausgetreten war, zog er sich von seinen öffentlichen Ämtern zurück. Die hitzigen Jahre im Zeichen des „Judenbücherstreits“ zwischen 1510 und 1519 verbrachte Reuchlin überwiegend in Stuttgart, floh allerdings 1519 vor möglichen Konsequenzen durch Herzog Ulrich nach Ingolstadt, wo er eine Professur für Griechisch und Hebräisch innehatte. Im Mai 1521 verließ er Ingolstadt aus Angst vor der dort grassierenden Pest jedoch wieder und nahm eine Professur für Griechisch und Hebräisch in Tübingen an.
Ursprünglich war Reuchlin mit den Dominikanern eng vertraut und wollte sich in deren Klosterkirche in Stuttgart auch beerdigen lassen. Allerdings kam es anlässlich des Judenbücherstreits zu einer Distanzierung auf beiden Seiten. Im Zuge dieser Entfremdung näherte sich Reuchlin zunächst den Augustinern an und trat schließlich kurz vor seinem Tod in die Salve-Regina-Bruderschaft ein, wie eine Eintragung seines Namens in das Bruderschaftsbuch nahelegt. Trotz aller Kritik an den kirchlichen Missständen lag es Reuchlin fern, gegen die Kirche und den Papst aufzubegehren oder sie gar infrage zu stellen. Unter dem Eindruck des Inquisitionsverfahrens, das gegen ihn und vor allem seinen „Augenspiegel“ angestellt wurde, ließ er sich in seinen letzten Lebensjahren sogar noch zum Priester weihen.
Am 30. Juni 1522 starb Reuchlin wahrscheinlich an einer Gelbsucht in Stuttgart, wo er in der Leonhardskirche bestattet wurde. Mit einer Gedenkplatte, die er selbst ursprünglich im Kreuzgang des Dominikanerklosters hatte errichten lassen, ist Reuchlin noch heute im Stuttgarter Stadtbild präsent. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Epitaph aus den Trümmern geborgen und 1955 in der Leonhardskirche wieder aufgestellt.
Reuchlin selbst rechnete sich und sein Tun dem Bemühen um die Kulturnation Schwaben zu. Entsprechend gilt es, neben der juristischen Tätigkeit seine literarischen Verdienste zu würdigen. Vor allem in den Stuttgarter Jahren war er literarisch und schriftstellerisch sehr produktiv. Die meisten seiner humanistischen Briefe sind mit der Ortsangabe Stuttgart versehen und es ist wahrscheinlich, dass er seine Hausbibliothek in Stuttgart zur Arbeit an seinen vielfältigen Werken nutzte. Die Briefe gehören zu den wichtigsten Zeugnissen des regen Austauschs in der Frühphase des Humanismus nördlich der Alpen, auch wenn Reuchlins Netzwerk bis ins Kernland des Humanismus, Italien, reichte.
Während seiner Stuttgarter Jahre verfasste Reuchlin außerdem zwei Komödien nach dem Vorbild des antiken Komödienschreibers Terenz. Die erste satirische Komödie „Sergius“ handelt vom Reliquienhandel, den Reuchlin ablehnte. Die zweite Komödie „Scaenica Progymnasmata (Henno)“ handelt von einem Eheschwank, in dem ein betrügerischer Ehemann von seiner Frau überführt wird. Neben Übersetzungen aus dem Griechischen und Lateinischen widmete er sich auch einer hebräischen Grammatik („De rudimentis hebraicis“), die auch Martin Luther für seine Bibelübersetzung nutzte. Reuchlins philologisches Interesse an den hebräischen Schriften mündete darüber hinaus in die intensive Beschäftigung mit deren kabbalistischen Inhalten Aus diesen Studien resultierten die Schriften „De verbo mirifico“ (1494) und „De arte cabalistica“ (1517). Beide beschäftigen sich mit der Buchstaben- und Zahlenmystik des Judentums, um diese für das Christentum fruchtbar und anwendbar zu machen.
Im Zentrum des Reuchlin'schen Oeuvres steht indes der sogenannte Judenbücherstreit. Begonnen hat dieser ebenfalls in Stuttgart: 1509 suchte der zum Christentum konvertierte Johannes Pfefferkorn Reuchlin in Stuttgart auf, um ihn für sein kaiserliches Mandat, jüdische Schriften zu beschlagnahmen und zu vernichten, zu gewinnen. Während Pfefferkorn den Gelehrten in Stuttgart in dem Glauben verließ, einen Mitstreiter gefunden zu haben, erinnerte sich Reuchlin an dieses Zusammentreffen anders. Pfefferkorns Idee, in Reuchlin einen Gleichgesinnten finden zu können, basierte auf dessen Lektüre der 1504 aus Reuchlins Feder stammenden Schrift „Tütsch missive, warumb die Juden so lang im ellend sind“, in der Irrtümer der jüdischen Glaubensgemeinschaft im Gegensatz zum Christentum behandelt werden. Allerdings war die Sachlage in Pfefferkorns Fall eine andere. In dieser Angelegenheit, die die Schädlichkeit der jüdischen Schriften für die christliche Glaubensgemeinschaft darlegen sollte, argumentierte Reuchlin nicht, wie zuvor, theologisch-philosophisch, sondern philologisch und juristisch.
Reuchlins Ratschlag zu Pfefferkorns Ansinnen datiert vom 6. Oktober 1510. Die mit dem kaiserlichen Mandat bezweckte Beschlagnahmung und Vernichtung der Schriften wäre ein Eingriff in die Rechte der jüdischen Mitbürger gewesen, den Reuchlin aus juristischer Sicht nicht billigte. Auch den vermeintlichen Schaden jüdischer Schriften sah er durch die philologische Lektüre der jüdischen Schriften nicht gegeben. Neben Reuchlin kam von den anderen zur Stellungnahme gebetenen Sachverständigen und Institutionen nur die Universität Heidelberg zu diesem Schluss. Nachdem Pfefferkorn an das unter Verschluss stehende Gutachten gelangt war, reagierte er darauf in seinem „Handt-Spiegel“ (1511). Darin reißt er Versatzstücke des Reuchlin'schen Gutachtens aus dem jeweiligen Kontext und versucht, es dadurch als Ganzes zu entkräften und zu falsifizieren. Reuchlin seinerseits reagierte 1511 auf diesen Angriff mit seiner wohl bekanntesten Schrift, dem „Augenspiegel“. Hier druckte er neben der Erläuterung, wie es zu seiner Reaktion kam, sowohl die Aufforderungen zum Verfassen des Gutachtens als auch das eigentliche Gutachten vollständig ab. Darauf folgen 52 Argumente in lateinischer Sprache zu seinem Urteil, auf die eine Verteidigung gegen den Angriff Pfefferkorns folgt.
Pfefferkorn hielt daraufhin eine Flut von Schriften gegen Reuchlin und seinen Einsatz für das jüdische Schrifttum bereit. 1514 kam es zum Inquisitionsprozess gegen den „Augenspiegel“, der zunächst für Reuchlin entschieden wurde. Nach einer Bestätigung dieses Urteils 1516, wurde es allerdings wieder angefochten und 1520 endgültig gegen Reuchlin entschieden. Während der langen Prozessdauer ergriffen zahlreiche humanistische Gelehrte für Reuchlin Position. 1514 wurden die „Epistolae clarorum virorum“ veröffentlicht, die Briefe an Reuchlin versammeln, die sich für ihn und seine Tugenden aussprechen. Diese wiederum lösten die „Epistolae obscurorum virorum“ (die sogenannten „Dunkelmännerbriefe“) aus, die prominenteste Humanistensatire, die mittels einer Parodie auf die Gegenseite ebenfalls Reuchlins Position stützt. 1517 meldete sich Reuchlin schließlich noch einmal selbst in seiner „Defensio contra calumniatores suos Colonienses“ in dieser Sache zu Wort.
Trotz der turbulenten Situation wurde Reuchlin 1518 eine Professur für Griechisch und Hebräisch in Wittenberg angeboten, die er aber ablehnte und unter anderem seinen Neffen Philipp Melanchthon als Ersatz vorschlug.