Die Geburt Amalie von Stubenrauchs liegt im Dunkeln. Doch alle Indizien sprechen dafür, dass sie am 5. Oktober 1805 im weitläufigen Habsburger Reich zur Welt kam als Tochter des bayerischen Artilleriesoldaten Johann Nepomuk von Stubenrauch (1781-1848), der sich von den Österreichern hatte anwerben lassen, da er in Bayern keine Heiratserlaubnis erlangen konnte. Ihre Mutter war Walburga von Stubenrauch, geb. Mosmayer (1783-1855). Aufgewachsen ist Amalie von Stubenrauch vermutlich in München, das sie selbst stets als „Vaterstadt“, jedoch nie als Geburtsort bezeichnete. Hier begann 1823 auch ihre Karriere als Schauspielerin. Bis 1828 blieb sie am Königlichen Hoftheater in München, lediglich unterbrochen von einigen Gastspielreisen, u.a. 1827 nach Stuttgart, wo sie reüssierte und wohin sie ein Jahr später dauerhaft übersiedelte.
Von 1828 an war Amalie von Stubenrauch der unangefochtene weibliche Star am Stuttgarter Hoftheater. Rund 700-mal stand sie in über 200 Stücken auf dieser Bühne. Dazu kamen Auftritte bei Veranstaltungen, etwa den Abonnementkonzerten im Redoutensaal, sowie weitere Gastspielreisen in europäische Hauptstädte. Das Fach der Künstlerin war das der jugendlichen Heldin im Trauerspiel sowie der feinen Dame und edlen Liebhaberin im Konversations- bzw. Salonstück. In humoristischen Stücken und Possen war sie so gut wie nie zu sehen.
Spätestens ab 1832 wohnte die Schauspielerin in Stuttgarts vornehmer Neckarstraße (heute Konrad-Adenauer-Straße), in unmittelbarer Nähe zum königlichen Schloss, zunächst zur Miete im Haus Nr. 16. Wohl im Jahr 1844 zog sie in ihre prachtvolle, vom württembergischen Hofbaumeister Johann Michael Knapp (1791-1861) neu errichtete Villa Neckarstraße 3, unmittelbar am Schlosspark. Stubenrauchs Feinde benutzten als Synonym für die Schauspielerin gern „das verfemte Haus in der Neckarstraße“, was sich auf beide Häuser bezog. Dort unterhielt sie einen Salon, gern besucht von einer erlesenen Gesellschaft aus Kunst und Kultur. Bei der Schauspielerin verkehrten naturgemäß viele Theaterleute, aber auch zahlreiche andere Persönlichkeiten des kulturellen Lebens – Musiker, Maler, Bildhauer, Architekten und vor allem Literaten. Darunter zum Beispiel der Maler Franz Seraph Stirnbrand oder die Schriftsteller Eduard Mörike, Wilhelm Hauff, Nikolaus Lenau und Graf Alexander von Württemberg. Eine besondere Freundschaft verband Amalie von Stubenrauch mit Friedrich Wilhelm Hackländer (1816-1877) sowie dem Theaterintendanten und Vertrauten des Königs, Graf Wilhelm von Taubenheim (1805-1894) und seiner Frau Marie, geb. Gräfin von Württemberg (1815-1866).
Das Schauspiel in Stuttgart erlebte zu Amalie von Stubenrauchs Zeit eine besondere Blüte, nicht nur durch ihre Auftritte, sondern auch durch ihr Agieren hinter der Bühne. Vielfach wurde sie als die – gar nicht so – heimliche Herrscherin am Theater beschrieben. Man sprach sogar von der Stubenrauch’schen Periode. Und selbst ihre Kontrahenten mussten konzedieren, dass sie in vielerlei Hinsicht äußert erfolgreich war. Sie nahm Einfluss auf den Spielplan, half fähige Künstler für das Theater zu gewinnen, sie förderte den Nachwuchs, ohne jedoch eine eigene Schule zu begründen. Allerdings hatte sie keine bedeutenden Schülerinnen, denn sie stand, der konservativen Darstellungsform verpflichtet, am Ende einer Entwicklung, nicht am Beginn einer neuen Epoche.
In besonderer Erinnerung blieb Amalie von Stubenrauch allerdings aufgrund ihrer langjährigen Liaison mit König Wilhelm I. von Württemberg (1781-1864). Dabei war sie keine eigentliche Mätresse. Sie gehörte nie zur höfischen Gesellschaft, ging keine Alibi-Ehe ein. Ihr als Schauspielerin erworbenes Vermögen befähigte sie, unabhängig zu bleiben. Für eine Frau des 19. Jahrhunderts führte sie ein bemerkenswert eigenständiges Leben, das ihr erlaubte, die Vertraute des Königs zu werden – und für mehr als 30 Jahre zu bleiben. Aus ihrer Korrespondenz ebenso wie aus Äußerungen Hackländers lässt sich schließen, dass sie dem König ein Gefühl von „normalem“ Leben gab, das er wohl hinter den Mauern des Schlosses vermisste. Sie interessierte sich für seine Sorgen und Nöte, war gebildet genug, sich mit ihm darüber zu unterhalten, gab dem nicht als besonders einfacher Charakter beschriebenen Monarchen menschliche Wärme. Und vor allem: Sie beging nicht den Fehler, ihn für eigene Interessen einzuspannen – auch wenn ihr dies von Seiten ihrer Feinde verschiedentlich unterstellt wurde. Aus politischen Angelegenheiten hielt sie sich heraus. Mit einer Ausnahme: In Theaterfragen lässt sich ihr Einfluss nicht verleugnen. Doch in dieser Hinsicht konnte sich Wilhelm I. wie die Regisseure stets auf ihr Wissen und ihr untrügliches Gespür verlassen. Es gilt als ihr Verdienst, die Gunst des Königs für sein Theater erhalten zu haben.
Fast täglich soll Wilhelm I. die Schauspielerin besucht haben. Auch gemeinsame Aufenthalte in Baden-Baden oder später in Nizza sind belegt. Nie aber zeigten sie sich zusammen in der Öffentlichkeit; Wilhelm I. bemühte sich, im Sinne der Staatsräson den Schein zu wahren und erschien bei öffentlichen Anlässen deshalb in Begleitung seiner Frau oder seiner Töchter.
Dass die Position, die Amalie von Stubenrauch einnahm, nicht unbeachtet blieb, ist ebenso natürlich wie die Tatsache, dass ihr dadurch viele Neider und Feinde erwuchsen, sowohl in Theaterkreisen bei Künstlern, die nicht mit ihrer Unterstützung rechnen durften, als auch im Umfeld von Königin Pauline (1800-1873), der Ehefrau König Wilhelms I. Üble Nachrede und Verleumdungen machten die Runde. Königin Paulines Stunde schien gekommen, als das Hoftheater wegen umfassenden Umbaumaßnahmen geschlossen und provisorisch im Weißen Saal des Neuen Schlosses gespielt wurde. Sechsmal trat Amalie noch auf der Schlossbühne auf, zuletzt am 18. Mai 1845. Doch dann machte die Königin gewissermaßen von ihrem Hausrecht Gebrauch und ließ die Diva wissen, dass sie nicht erwünscht sei. Amalie von Stubenrauch betrat die Bühne nicht mehr. Ein formelles Gesuch um ihre Entlassung stellte die Schauspielerin ein knappes Jahr später (25. Februar 1846), die per königlichem Dekret vom 1. März 1846 genehmigt wurde.
Auch als Ruheständlerin blieb die Schauspielerin in Stuttgart – sehr zum Leidwesen der Königin. Es scheint sogar, dass nun der Kontakt zwischen Amalie von Stubenrauch und dem König noch intensiver wurde: Während seine Frau und seine Kinder auf Kur gingen, kümmerte sie sich zusammen mit Graf Wilhelm von Taubenheim und dem Leibarzt um das königliche Wohlbefinden, organisierte etwa einen Rollstuhl, und wich bis zu seinem Tod am 25. Juni 1864 kaum mehr von der Seite des kranken Königs, dessen Zustand sich stetig verschlechterte.
Nach dem Tod Wilhelms I. begann sein Sohn und Nachfolger König Karl (1823-1891), der sich mit seinem Vater zeitlebens nicht gut verstanden hatte, mit der strikten Aussortierung ehemaliger Vertrauter des väterlichen Hofes, die auch und vor allem Amalie von Stubenrauch und ihren Kreis traf. Noch am Todestag Wilhelms verließ die einst in Stuttgart gefeierte Schauspielerin Württemberg Richtung Bayern, wo sie eine Mietwohnung in München bezog. Die Sommermonate verbrachte sie von nun an in einer Villa am Tegernsee.
Kurz nach ihrer Abreise begann ein unwürdiges Spiel, an dessen Ende vor allem das königliche Haus und die württembergische Finanzverwaltung als die Blamierten dastanden. Diese unterstellten zu Unrecht, Amalie von Stubenrauch habe ein ungeheueres Vermögen widerrechtlich an sich gebracht. Es wurde versucht, den Kaufpreis für ihr Haus in der Neckarstraße zu drücken, und man scheute auch nicht davor zurück, Repressalien für ihre in Stuttgart lebenden Verwandten anzudrohen. Gelder, die ihr aufgrund ihres Vertrags mit der Hoftheaterintendanz zustanden, sollten ihr vorenthalten werden. Zudem ließ man sie in Bayern bespitzeln, um ihr vielleicht ein Fehlverhalten nachweisen zu können und sich dadurch der Zahlung zu entziehen. Jedoch ohne Erfolg. Zuletzt ging man sogar so weit, sie durch Verleumdungen in Bayern in Misskredit zu bringen, etwa bei Prinz Carl von Bayern, mit dessen Ehefrau Henriette von Frankenburg Amalie von Stubenrauch befreundet war. Allerdings erzielten die Verleumdungen nicht den gewünschten Erfolg.
Kurz vor ihrem Tod veranlasste König Karl eine erneute Bespitzelungsaktion, da er fürchtete, es würden noch Briefe seines Vaters an Amalie von Stubenrauch existieren, die Karl nicht in bestem Licht zeigen. Doch die Sorge war unbegründet. Die Schauspielerin hatte ihre Korrespondenz bereits Jahre vor ihrem Tod vernichtet.
Amalie von Stubenrauch starb unverheiratet und kinderlos am 14. April 1876 in Tegernsee, wo sie auch beerdigt wurde. Das Grab existiert nicht mehr. Haupterbin war ihre letzte noch lebende Schwester Constanze (1820-1880), die mit dem Offizier Friedrich Bayer von Ehrenberg (1809-1882) verheiratet war und in Stuttgart wohnte.
Anlässlich Amalie von Stubenrauchs Tod verhinderte König Karl bei den Stuttgarter Redakteuren eine Berichterstattung, obwohl die Zensur seit 1848 aufgehoben war. Aus diesem Grund sind kaum Nachrufe erhalten, höchstens in auswärtigen Zeitungen und Theaterblättern. Das ist wohl mit eine Ursache dafür, dass der einst gefeierte Bühnenstar etwas in Vergessenheit geraten ist. Auch wenn sie mit ihrem Salon das kulturell-gesellschaftliche Leben und Geschehen in Stuttgart nachhaltig mitprägte, so sind letzten Endes kulturelle Errungenschaften in der Landeshauptstadt, zu denen sie möglicherweise Anstöße gegeben und die sie begleitet hat, nicht mit ihrem Namen verbunden. Das hatten schon König Karl und sein Hof zu verhindern gewusst. Auch ihre Villa Neckarstraße 3, die nach ihrem Wegzug als königliche Adjutantur diente, existiert nicht mehr. An ihrer Stelle erhebt sich heute der Littmann-Bau des Stuttgarter Theaters.