Herzog Ludwig von Württemberg ließ in der württembergischen Residenzstadt Stuttgart zahlreiche repräsentative Bauten errichten oder ausstatten. Darunter war auch das Neue Lusthaus, eines der herausragenden Renaissancegebäude Deutschlands. Die Bedeutung des Herzogs wurde lange verkannt.

Herzog Ludwig von Württemberg wurde am 1. Januar 1554 in Stuttgart als siebtes Kind und zweiter Sohn von Herzog Christoph und Herzogin Anna Maria, geb. Gräfin von Brandenburg-Ansbach, geboren. Entsprechend den Gepflogenheiten der Zeit genoss er eine umfassende, standesgemäße Erziehung. Nach dem Tod seines älteren Bruders Eberhard rückte er 1568 im Alter von 14 Jahren als Thronfolger auf. Wenige Monate später starb Herzog Christoph, und für den minderjährigen Regenten wurde eine vormundschaftliche Regierung eingesetzt. In dieser wirkten seine Mutter und einflussreiche Verwandte mit, insbesondere Markgraf Georg Friedrich von Brandenburg-Ansbach, Markgraf Karl von Baden und Pfalzgraf Wolfgang von Zweibrücken. Bei Ludwigs Regierungsantritt herrschten stabile politische und wirtschaftliche Verhältnisse in Württemberg. Im Jahr 1575 schloss der Herzog in einer prunkvollen Hochzeit die Ehe mit Dorothea Ursula von Baden-Durlach (1559-1583), Tochter von Markgraf Karl II. von Baden-Durlach. Obwohl er noch unter Vormundschaft stand, wuchs er mehr und mehr in die Regierungsgeschäfte hinein und unterzeichnete 1577 die Konkordienformel. Diese letzte Bekenntnisschrift der lutherischen Kirche sollte die vor allem seit Martin Luthers Tod entstandenen Lehrstreitigkeiten beilegen und gleichzeitig zur Abgrenzung von der reformierten Lehre dienen.

Ein Jahr später übernahm Herzog Ludwig auch formell die Regierung. Er stand dabei unter starkem Einfluss seiner Räte, setzte aber durchaus eigene Akzente, vor allem in der Residenzstadt Stuttgart. Dies war der politischen Situation des Herzogtums, aber auch den persönlichen Lebensumständen des Herzogspaares geschuldet. Herzog Ludwig erhielt das Land vom Kaiser als Afterlehen, weil sein Großvater Herzog Ulrich wegen seines Aufstandes gegen den Kaiser vertrieben worden war. Der Vertrag von Kaaden (1534), mit dem Herzog Ulrich wieder in die Regierung eingesetzt worden war, sah vor, dass das Herzogtum beim Erlöschen der direkten männlichen Linie wieder an das Haus Habsburg zurückfallen sollte. Trotz diplomatischer Bemühungen gelang es in der Regierungszeit Ludwigs nicht, eine Aufhebung des Vertrags zu erreichen. Da die herzogliche Ehe kinderlos blieb, drohte nach seinem Tod der unmittelbare Verlust des Landes. Politisch musste man in Württemberg einerseits vorsichtig taktieren, um dem Kaiser keinen Anlass zur Geltendmachung territorialer Ansprüche zu geben. Andererseits spielte Herzog Ludwig auf Reichsebene eine wichtige Rolle. Als Obrist und protestantischer ausschreibender Fürst des Schwäbischen Kreises berief er gemeinsam mit dem Fürstbischof von Konstanz den Kreistag ein.

Vor dem dynastischen Hintergrund eines zu befürchtenden Herrschaftsverlustes im Todesfall ist das umfangreiche Bauprogramm zu sehen, welches Herzog Ludwig innerhalb weniger Jahre in Auftrag gab. In den 1570er Jahren ließ er an der Decke der Stuttgarter Schlosskirche eine über fünf Generationen zurückreichende „Ahnenprobe“ mit den Wappen seiner Vorfahren anbringen. Dieses genealogische Bildprogramm wurde im 19. Jahrhundert so stark verändert, dass der ursprüngliche Entstehungszusammenhang heute kaum mehr erkennbar ist. Zwischen 1578 und 1584 wurden auf seine Anweisung zudem elf Statuen von Vorfahren aus dem württembergischen Herrscherhaus in Lebensgröße geschaffen und in einer Nischenreihe an der Chorwand der Stuttgarter Stiftskirche aufgestellt. Auch an der Fassade des Stuttgarter Rathauses ließ er eine über fünf Generationen reichende Wappendarstellung seiner Ahnen anbringen. Sie wurde 1824/25 beim Umbau durch den württembergischen Hofbaumeister Nikolaus Friedrich von Thouret zerstört. Den Marktplatz ließ Herzog Ludwig auf seine Kosten neu pflastern. Schließlich wurde von 1580 bis 1582 neben dem Landschaftshaus ein Neubau mit Tagungsräumen für die Plenarlandtage aufgeführt. Seit dem frühen 16. Jahrhundert besaßen die Landstände, eine Vertretung der führenden bürgerlichen Familien des Landes, bedeutenden politischen Einfluss. Wie sein Vater regierte Herzog Ludwig im Einvernehmen mit den Ständen, verfolgte aber durchaus eigenständige konfessionelle und politische Ziele. Der erste und einzige Landtag der Regierungszeit Ludwigs tagte, – nach 17-jähriger Pause – bereits im Jahr nach Fertigstellung des Gebäudes in Stuttgart.

Zu den Bemühungen, das Erscheinungsbild der Residenzstadt Stuttgart zu verschönern, gehört auch die beträchtliche Erweiterung des beim Alten Schlosses gelegenen Lustgartens. Dazu erwarb Herzog Ludwig große Areale von bürgerlichen Besitzern, ließ den vergrößerten Garten mit einer Mauer und Türmen umgeben und künstlerisch ausgestalten. Springbrunnen und Wasserspiele erfreuten die Besucher. Außerdem unterhielt er einen Tiergarten mit verschiedenen Arten von Hirschen. Einen Höhepunkt der Bautätigkeit und dynastischen Legitimierung stellte schließlich das in diesem Lustgarten 1584 bis 1593 von Georg Beer errichtete Lusthaus dar, dessen Einweihung Herzog Ludwig jedoch nicht mehr erleben sollte. Das Gebäude symbolisierte die Bedeutung der württembergischen Dynastie und des Landes durch ein wohldurchdachtes Bild- und Kunstprogramm. Im Erdgeschoss waren 65 Büsten aufgestellt, mit denen dem Besucher erneut sämtliche Vorfahren des Herzogs über fünf Generationen hinweg vor Augen geführt wurden. Großformatige Gemälde zeigten Karten von allen Ämtern des Landes. Nach dem Umbau des Lusthauses zum Hoftheater gelangten die Porträtbüsten in den Jahren 1840 bis 1842 auf das neu erbaute historistische Schloss Lichtenstein oberhalb des Echaztals, wo die meisten noch erhalten sind.

Der Stuttgarter Hof entfaltete unter Ludwig einen Glanz, den es unter Herzog Christoph nicht gegeben hatte. Aufwändige Hoffeste, Ritterspiele und Jagden dienten der Repräsentation der württembergischen Dynastie und des Herzogtums Württemberg. Dabei machte sich der wachsende zeitliche Abstand zur Regierungszeit des Vaters und der Reformationszeit bemerkbar. Beispielsweise veranstaltete man Fackeltänze, Fastnachtsfeiern oder Kostümfeste, die zu Zeiten Herzog Christophs noch als „katholische Unsitten“ verpönt gewesen waren. Neben den Wettbewerben im traditionellen Armbrustschießen gab es im Tiergarten fortan auch das Büchsenschießen für hochadelige Gäste. Besonders bei Familienfesten wie Hochzeiten und Taufen wurde die Prachtentfaltung auf die Spitze getrieben. Bei prunkvollen Buffets und Schauessen brachte man Silbergeschirr und Tafeldekorationen zur Geltung. Ob diese Hofhaltung tatsächlich so „provinziell“ war, wie bisweilen in der Forschung behauptet, müssen künftige vergleichende Studien zeigen. Zu berücksichtigen ist, dass sich die Zeiten verändert hatten und erste Anzeichen einer stärkeren Betonung der landesherrlichen Rolle zu erkennen sind. Zweifelsohne wirkte sich aber auch der zunehmende Wohlstand im Land aus. Nicht umsonst erließ Ludwig ein „Generalreskript“ über die Abstellung des „Übermaßes“ an Hochzeiten und Gastmahlen.

Eine besondere Vorliebe hegte der Herzog für die darstellenden Künste. Er vergrößerte die Hofkapelle bis auf 52 Musikanten. Die Hofkapelle wirkte nicht nur in den Gottesdiensten mit, sondern trat auch bei höfischen Veranstaltungen auf und begleitete den Herzog auf seinen Reisen. Neben Tänzen kamen am Hof nun auch neue Aufführungsformen wie Singballette und kostümierte Ritterspiele in Mode.

Eine tiefe persönliche Religiosität und Freude am weltlichen Vergnügen bildeten für ihn keinen Widerspruch. Persönlich stand er fest auf dem Boden des protestantischen Bekenntnisses und las theologische Bücher; die Grundlagen hierzu waren während seiner Erziehung durch die Hofprediger Balthasar Bidembach und Lucas Osiander gelegt worden. Unter den protestantischen Territorien des Reiches nahm Württemberg mit seiner Landesuniversität Tübingen eine prominente Stellung ein. Herzog Ludwig beteiligte sich an verschiedenen Religionsgesprächen und diskutierte mit Theologen über religiöse und kirchenrechtliche Fragen. In seiner Regierungszeit wurde eine revidierte und verbesserte Kirchenordnung publiziert, die alle Vorschriften für die evangelische Landeskirche zusammengefasste. Damit wurde die Große Kirchenordnung von 1559 den neuen Gegebenheiten angepasst.

Nach dem Tod seiner ersten Gemahlin heiratete er 1585 Ursula von Pfalz-Veldenz-Lützelstein (1572-1635), Tochter des Pfalzgrafen Georg Johann von Lützelstein. Aber auch diese Ehe blieb kinderlos. Da Herzog Ludwig sehr dem Alkohol zusprach, gingen schon Zeitgenossen davon aus, dass seine Zeugungsfähigkeit beeinträchtigt sei. In der historischen Forschung galt er lange als schwacher Nachfolger seines übermächtigen und idealisierten Vaters Herzog Christoph. Erst in jüngster Zeit wurde dieses Urteil hinterfragt und teilweise korrigiert. Zwar hatte Herzog Christoph die protestantische Landeskirche auf eine solide Grundlage gestellt und Kirchenordnungen erlassen, doch erst in der Regierungszeit Herzog Ludwigs stabilisierte sich das Kirchenwesen. In den größeren Dörfern entstanden deutschsprachige Schulen.

Am 28. August 1593 verstarb Herzog Ludwig im Alter von 39 Jahren. In einer einfachen Zeremonie überführte man seinen testamentarischen Bestimmungen entsprechend den Leichnam von Stuttgart nach Tübingen. Dort wurde er als letzter württembergischer Herrscher im Chor der Stiftskirche beigesetzt. Schon zu Lebzeiten hatte er ein prunkvolles Grabmal in Auftrag gegeben, mit dem wiederum die Bedeutung seiner Dynastie unterstrichen werden sollte. Der eigentliche Schwerpunkt seiner Tätigkeit lag aber in Stuttgart, wo er die Stadt durch die umfangreichen Baumaßnahmen als Residenz ausbauen ließ. Dies folgte einem politischen Konzept, welches sich schlussendlich als erfolgreich erwies. Obwohl mit Ludwigs Tod die württembergische Herrscherfamilie in der direkten männlichen Linie erlosch, gelang es ihm, zu verhindern, dass das Herzogtum an die Habsburger fiel. Bereits 1587 hatte er die dynastische Nachfolge testamentarisch geregelt. In der Folge trat Friedrich von Mömpelgard aus einer Seitenlinie des Hauses als Herzog Friedrich I. die Regierung an und konnte 1599 erreichen, dass die Afterlehenschaft des Herzogtums Württemberg aufgehoben wurde.

Text: Eberhard Fritz
Schlagwort: Stuttgart-Mitte
Literaturhinweise:

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Ulrike Weber-Karge, „…einem irdischen Paradeiß zu vergleichen…“. Das Neue Lusthaus in Stuttgart. Untersuchungen zu einer Bauaufgabe der deutschen Renaissance, Sigmaringen 1989.

GND-Identifier: 100655378
Publiziert am: 03.02.2022
Empfohlene Zitierweise:
Eberhard Fritz, Herzog Ludwig von Württemberg (1554-1593), publiziert am 03.02.2022 in: Stadtarchiv Stuttgart,
URL: https://www.stadtlexikon-stuttgart.de/article/84c7954a-6447-44ed-9d90-e41b54e08e5d/Herzog_Ludwig_von_Wuerttemberg.html