Theodor Fischer wurde am 28. Mai 1862 in Schweinfurt als sechstes Kind einer Kaufmannsfamilie geboren. Seine Familie vermittelte ihm ein protestantisches Arbeitsethos, dem er zeit seines Lebens folgte. 1880 ging er zum Studium der Architektur nach München. Die dortige Technische Hochschule gehörte zu den besten Ausbildungsstätten für Architektur; hier lehrten unter anderem Friedrich und August von Thiersch, die Fischer das notwendige Rüstzeug für seine Karriere lehrten. Noch ohne Studienabschluss ging Fischer 1885 nach Berlin ins Büro von Paul Wallot, der den Wettbewerb zum Bau des Reichstags gewonnen hatte und viele junge Architekten nach Berlin zog. Hier entwickelte Fischer seinen typischen bewegten Zeichenstil, an dem er auch später noch festhielt.
Ebenfalls in Berlin lernte er den Leiter der Münchner Stadtbauamts, Wilhelm Rettig, kennen, der ihn 1893 zurück nach München holte. Fischer wurde zum Vorstand des Münchner Stadterweiterungsbüros berufen, das neu eingerichtet worden war. Er war nun für die Aufstellung eines Baulinienplans zuständig und entwickelte die berühmte Münchner Staffelbauordnung, die von 1904 bis 1979 rechtskräftig war. Das Staffelbausystem war ein differenziertes und zugleich pragmatisches Instrument zur Stadtplanung. Fischer legte Gebiete mit dichter und hoher Bebauung für Zentren, abgestaffelte und freie Bebauung an den Rändern fest. Seine oberste Gestaltungsregel war das Prinzip einer „Gliederung der Massen nach Herrschendem und Beherrschtem“ und die „Steigerung des Charakteristischen“. Wichtig war ihm die konkave Ausformung der Straßen und Plätze, die Bebauung sollte eine Einheit bilden und schön, praktisch und gesund sein. Isoliert stehende Bauwerke waren für ihn „wie Kommoden beim Ausverkauf“.
Nachdem Fischer ein ihm sehr am Herzen liegendes Bauprojekt in München nicht für sich gewinnen konnte, folgte er 1901 dem Ruf an die Technische Hochschule Stuttgarts. Er wurde hier Nachfolger des früh verstorbenen in Stuttgart und Straßburg tätigen Architekten und Professors für Bauentwürfe Skjold Neckelmann, dessen Bauten ganz dem überbordenden Historismus der späten Kaiserzeit verpflichtet waren (z.B. Württembergisches Landesgewerbemuseum 1896, heute Haus der Wirtschaft). Fischer hingegen etablierte in Stuttgart eine ganz neue Architekturhaltung. Der Akademismus seines Vorgängers wurde nicht weitergeführt, stattdessen legte er Wert auf die Auseinandersetzung mit der lokalen Bautradition, der Landschaft und dem Studium historischer Stadtstrukturen. Wegen dieser Reformen des Architekturstudiums gilt er als Begründer der später sogenannten „Stuttgarter Schule“, die unter seinem Nachfolger Paul Bonatz in der Zwischenkriegszeit den Höhepunkt ihrer Wirkung erreichte.
Nicht nur als Lehrer, der viele Schüler – unter anderen Bruno Taut und Paul Bonatz – nach Stuttgart zog, sondern auch als Architekt sorgte Fischer für eine Reform der historistischen Architektur. Gleich mit seinem ersten realisierten öffentlichen Bau setzte er neue Maßstäbe. Die 1905/06 gebaute Fangelsbachschule – heute Heusteigschule – ist von wegweisender Fortschrittlichkeit sowohl hinsichtlich des funktionalen Grundrisses, der aus dem schmalen, in den Bergrücken hineinkomponierten Baukörper resultiert, als auch hinsichtlich Ausbau und Farbgestaltung. Zudem griff Fischer hier die spätbarocke Tradition des Putzbaus wieder auf, wodurch der Bau auch einen Bezug zur württembergischen und Stuttgarter Architekturgeschichte besitzt.
Die in der Heusteigschule zuerst aufscheinenden städtebaulichen und architektonischen Qualitäten Fischers bestätigen sich bei seinen weiteren Stuttgarter Bauten. So wird die 1906 bis 1908 errichtete Erlöserkirche in der Birkenwaldstraße als Kirche in den Weinbergen bezeichnet, weil sie sich harmonisch in die Topographie des Hangs einbindet. Beim 1907 bis 1912 erbauten Gustav-Siegle-Haus war die beengte städtebauliche Situation gegenüber der Leonhardskirche zu meistern. Anstelle des alten Kornhauses erbaut, erhebt sich der Bau mächtig, jedoch auch feinfühlig in die städtebauliche Umgebung eingebunden. So ergibt sich eine Platzsituation zwischen dem Chor der Kirche und der symmetrischen Hauptfassade des Gustav-Siegle-Hauses mit den beiden Außentreppen. Diese Treppen können als ein Zitat derjenigen an den Langseiten des Lusthauses von Georg Beer am Schlossplatz interpretiert werden. Auf die unmittelbare Umgebung geht die Fassade zur Hauptstätter Straße ein; Fischer lässt hier zwei Giebel mit der Firstorientierung der angrenzenden Bauten korrespondieren. Diese Giebel sind jedoch asymmetrisch zum Haus, was dem Bauwerk trotz seiner Größe letztlich einen eher unauffälligen, sich in die Stadt einpassenden Charme verleiht.
Fischer blieb nur bis 1908 in Stuttgart. Umso erstaunlicher ist es, wie viele Projekte er während dieser Zeit allein in Stuttgart entwarf und realisierte, obwohl er gleichzeitig noch in Pfullendorf, Gmindersdorf, Heilbronn und andernorts entwarf und baute. Bereits 1902 plante er eine Kirche mit Kirchplatz in der Danneckerstraße, im selben Jahr folgten die Entwürfe für das Reformationsdenkmal an der Hospitalkirche zusammen mit dem Bildhauer Jakob Brüllmann, den er bei mehreren Projekten einbezog. Noch 1902 baute er ein nicht mehr erhaltenes Privathaus in der Reinsburgstraße 20, legte diverse Baulinienpläne für die Halbhöhenlagen vor und begann das Projekt für ein Ethnographisches Museum am Schlossplatz anstelle des 1902 abgebrannten Lusthaustheaters. 1903 und 1904 nahm er am Wettbewerb für das Kurgebäude am Kurpark in Bad Cannstatt teil, baute ein Lagerhaus in der Talstraße 47 in Stuttgart-Ostheim, das teilweise erhalten ist, entwarf Pläne für den Umbau der Landesbank in der Schlossstraße und realisierte bis 1905 Arbeiterhäuser in der Weber- und Leonhardstraße. Auch die Jahre 1906 und 1907 waren nicht minder produktiv, was seine Teilnahme an Wettbewerben, die Planung kleinerer Bauten und seine Vorschläge für eine kulturelle Nutzung des Bauplatzes des ehemaligen Lusthauses betrifft. 1907 war er zudem zum Vorsitzenden des neu gegründeten Deutschen Werkbundes gewählt worden und nahm somit eine äußerst wichtige Position im nationalen Kulturleben wahr.
Massive Kritik erfuhr Fischer wegen seiner Pläne, den Neubau des Theaters an der Schillerstraße zu platzieren und nicht an dem heutigen Standort. Er plädierte für den Standort, weil er eine neue bürgerliche Dominante gegenüber der Residenz schaffen wollte und wurde darin von der Stadtverwaltung unterstützt. Der König jedoch war dagegen und favorisierte die von Littmann vorgelegten Planungen, die dann auch ausgeführt wurden. 1909 erhielt Fischer vom König einen Direktauftrag für das Kunstgebäude am Schlossplatz, das er bis 1913 ausführte. Jedoch tat er dies bereits von München aus, nachdem er Anfang 1908 eine Anfrage aus München wegen einer Professur an der TH München erhalten hatte. Nach dem Sommersemester 1908 verließ er Stuttgart. Seine Professur an der TH Stuttgart übernahm sein ehemaliger Assistent Paul Bonatz.