Seit ihrer Gründung im 19. Jahrhundert verstand sich die Deutsche Turnerschaft (DT) als nationale Bewegung. Sie stand deshalb nach dem Ende des Kaiserreichs der Weimarer Republik eher distanziert gegenüber und sympathisierte mit dem nationalkonservativen Lager. So bot die DT zum Beispiel dem völkisch gesinnten Ex-General Erich Ludendorff, einer Symbolfigur der Rechten, eine Plattform für seine Auftritte.
Stuttgart sollte bereits 1918 als Austragungsort für das Turnfest dienen, das alle fünf Jahre stattfand. Dieser Termin kam jedoch wegen des Ersten Weltkriegs nicht zustande. Zehn Jahre später, beim Turnfest in Köln 1928, erhielt dann Stuttgart den Zuschlag für 1933. Die politische Ausrichtung der DT, die schon zu diesem Zeitpunkt starke Berührungspunkte mit dem Nationalsozialismus aufwies, dokumentieren die Ausführungen der Vertreter der schwäbischen Turnerschaft zu der Bewerbung: Sie betonten die „völkische Bedeutung“ Stuttgarts, das sich in einem „Ernstfall“ der Bedrohung aus dem Süden und Westen – hier vor allem durch den „Erzfeind Frankreich“ – entgegenstellen müsse.
Gleichwohl stand in der Person von Alexander Dominicus bis 1933 ein erklärter Demokrat an der Spitze der Turner. Erst nachdem im April 1933 Dr. Edmund Neuendorff, ein bekennender Nationalsozialist und Antisemit, dessen Rücktritt erzwungen und die Führung der DT übernommen hatte, erfolgte die Gleichschaltung im nationalsozialistischen Sinne. Auf Neuendorffs Druck erhob die DT sofort die Wehrertüchtigung zum vorrangigen Ziel des Turnens, führte den so genannten Arierparagraphen ein, der alle Juden aus dem Verband ausschloss, und schaffte die demokratischen Strukturen in der Turnerschaft ab. Sozialdemokraten und Kommunisten durften nurmehr Mitglieder sein, wenn sie sich schriftlich von ihren einstigen politischen Überzeugungen distanzierten. An die Stelle des traditionellen Turnergrußes „Gut Heil“ trat zudem „Gut Heil Hitler“.
Neuendorff setzte seinen ganzen Ehrgeiz ein, um die neue Regierung zur Teilnahme am Turnfest zu gewinnen und lud Hitler mehrmals ein. In einer Einladung ersuchte er den „Führer“, über die Turner zu verfügen und sie „in dieselbe Front wie SA und Stahlhelm“ einzureihen. Neuendorff erhoffte sich von seiner Anpassungspolitik aber auch die weitere Unabhängigkeit der DT von anderen NS-Organisationen wie der SA. Hitler vermied es jedoch mit Rücksicht auf die Machtkonsolidierung, die zu großen Teilen noch auf der Stärke der SA beruhte, Partei zu ergreifen und antwortete unverbindlich. Er drückte lediglich vage die Hoffnung aus, dass die Turnerschaft mit SA und Stahlhelm „in eine möglichst innige und lebendige Arbeitsgemeinschaft“ komme.
Parallel zu Neuendorff bemühten sich auch der württembergische Reichsstatthalter und NSDAP-Gauleiter Wilhelm Murr sowie Ministerpräsident und Kultminister Christian Mergenthaler um Hitler. Murr appellierte sogar an den Reichskanzler, dass sein Kommen vor allem den zahlreichen Auslandsdeutschen Auftrieb geben werde, die nun als Teilnehmer zugelassen und zum Turnfest erwartet würden. Alle Bemühungen blieben jedoch zunächst vergeblich. Schließlich erschien Hitler am letzten Tag des Turnfestes zusammen mit Vizekanzler Franz von Papen, Außenminister Konstantin von Neurath und Propagandachef Joseph Goebbels. Welche Überlegungen Hitler letztlich dazu veranlassten, dem Turnfest einen Besuch abzustatten, bleibt unklar. Die NS-Spitze dürfte erkannt haben, dass die Massenveranstaltung mit rund 200.000 Teilnehmern eine hervorragende Gelegenheit darstellte, sich selbst und die von ihr propagierte Volksgemeinschaft eindrucksvoll in Szene zu setzen.
Für Neuendorff zahlte sich seine demonstrative Unterstützung des NS-Regimes nicht aus. Am 19. Juli 1933, also noch vor Beginn des Turnfestes, ernannte Hitler den in keiner Sportart profilierten SA-Gruppenführer Hans von Tschammer und Osten zum Reichssportkommissar (später: Reichssportführer). Zu dessen Aufgaben gehörte es, den deutschen Sport im Sinne des NS-Staates neu zu ordnen und vor allem zentral zu führen. Neuendorffs Hoffnung, die organisatorische Unabhängigkeit der Deutschen Turnerschaft zu sichern, erfüllte sich somit nicht.
Da auch die regionalen NS-Größen in Stuttgart und Württemberg sich selbst und die Partei, die sie repräsentierten, gebührend darstellen wollten, mussten Protest- und Widerstandsaktionen politischer Gegner unbedingt vermieden werden. Obwohl die Arbeitersportbewegung bereits seit März verboten war und zahlreiche ihrer Funktionäre in Haft genommen worden waren, intensivierte die Polizei im Vorfeld des Turnfestes ihre Razzien und die Verhaftungen von politisch missliebigen Personen. Am 26. Juli, also zeitlich genau in der Mitte des Turnfestes, meldete der Staatsanzeiger, rund 200 Personen seien in „Schutzhaft“ genommen und verbotene Schriften beschlagnahmt worden. Dennoch gelangen einer kommunistischen Zelle Flugblattaktionen in der Stadt sowie – mithilfe von Flößen – während der Ruderwettbewerbe auf dem Neckar.
Den Auftakt des Turnfestes bildete am 21. Juli ein Schauturnen von 11.000 Stuttgarter Schülerinnen auf der Festwiese vor 70.000 Zuschauern, dem sich ein weiteres Schauturnen von rund 13.000 Schülern am nächsten Tag anschloss. Den ersten Höhepunkt stellte die Einweihung des neuen Stadions am 23. Juli dar, der eine Veranstaltung der Stuttgarter Turnvereine vorausgegangen war. Entworfen hatten den modernen Neubau auf dem ehemaligen Exerzierplatz in Bad Cannstatt die Architekten Paul Bonatz und Eugen Scholer, die auch den neuen Hauptbahnhof gebaut hatten. Das Sportfeld verfügte über eine Stahlbetontribüne sowie eine mit Holztribünen umgebene Festwiese samt Freiflächen, Zelten und Flaggenturm. Oberbürgermeister Dr. Karl Strölin, der zur Eröffnungsfeier in SA-Uniform angetreten war, verlieh der Großsportanlage den Namen „Adolf-Hitler-Kampfbahn“. Reichstatthalter Murr dankte der Turnerschaft, die durch die Ertüchtigung des Körpers die Voraussetzungen zur Befreiung der Nation geschaffen habe.
Nach den Turnmeisterschaften der Polizei und Wettkämpfen der Studentenschaft des Landes am darauffolgenden Tag fand am Nachmittag des 26. Juli 1933 im Hof des Neuen Schlosses die feierliche Eröffnung des Turnfestes statt. Das Sport- und Wettkampfprogramm war 1933 umfangreicher als bei früheren Turnfesten. Ausdruck der neuen Ausrichtung der Turnerschaft waren Wehrsportkämpfe, die zuvor noch nie stattgefunden hatten. Die Mitglieder des Akademischen Turnerbunds traten dazu in SA-Unform an und absolvierten Disziplinen mit eindeutig militärischem Hintergrund wie etwa das Kriechen unter Drahthindernissen sowie Keulenwerfen, das dem Handgranatenwurf nachempfunden war. Auch Kleinkaliberschießen gehörte erstmals zum Programm.
Bei den abendlichen Kundgebungen am Ende eines jeden Wettkampftages stand die Politik im Vordergrund. Der Abend des 28. Juli stand im Zeichen einer „Deutschen Weihestunde“ und einer Kundgebung für das Saarland, das zu diesem Zeitpunkt noch nicht unter deutscher Verwaltung stand. An der Saarkundgebung nahmen neben anderen politischen Funktionären auch Außenminister von Neurath, der Vorsitzende des Vereins für das Deutschtum im Ausland, Hans Steinacher, und der von ihm eingesetzte Leiter des Deutschen Ausland-Instituts in Stuttgart, Richard Csaki, teil. Tags darauf folgte nach einer Morgenfeier für die Jugend im Schlosshof und den Finalwettkämpfen mit Abschluss-Schauturnen am Abend eine „Nationale Feierstunde“ mit Goebbels als Hauptredner, in der er das Turnfest als Ausdruck „des wiedererwachten Lebenswillens nach dem Niedergang in Weimar“ bezeichnete.
Das Deutsche Turnfest 1933 diente den Nationalsozialisten auch als Plattform für die plakative Darstellung ihrer Ideologie. Nannte Goebbels die Turner in seiner Rede schon „Repräsentanten rassischer Vitalität“, so verstärkte Hitler diesen Gedanken noch in seiner Ansprache zum Abschluss des Turnfestes. Die Turnerschaft, so der „Führer“, sei eine Einrichtung zur Verwaltung der kostbarsten Substanz eines Volkes, nämlich von Fleisch und Blut von dessen Angehörigen. Vor allem bei der Abschlussveranstaltung wurde deutlich, wie sehr sich sportliche Großereignisse als demonstrativer Ausdruck der neuen Volksgemeinschaft eigneten, erzeugten sie doch ebensolche emotionellen Gemeinschaftserlebnisse wie die Aufmärsche der NSDAP. Am Schlusstag des Turnfestes, dem 30. Juli, bewegte sich der traditionelle Festzug in drei Säulen, bestehend aus Sportlern und NS-Organisationen, zum Schlossplatz. Angeführt wurden die jeweiligen Säulen von so genannten SA-Ehrenstürmen, die damit zeigen sollten, wie eng verbunden NS-Bewegung, Volk und Sport nun waren.