Die 1765 gegründete Württembergische Landesbibliothek ist heute die größte wissenschaftliche Bibliothek in Baden-Württemberg. Neben ihrer Funktion als Universalbibliothek beherbergt sie auch herausragende Altbestände und Sondersammlungen.

1765 gründete der württembergische Herzog Carl Eugen am damaligen Sitz seiner Residenz in Ludwigsburg eine öffentliche Bibliothek – die Vorgängereinrichtung der heutigen Württembergischen Landesbibliothek. Dass die Bibliothek öffentlich war – auch wenn dies längst nicht alle Bewohner der Stadt einschloss – war in der damaligen Zeit noch recht ungewöhnlich.

Als der württembergische Hof 1777 wieder nach Stuttgart zurückverlegt wurde, zog auch die Bibliothek mit um. Sie wurde nun im sogenannten „Herrenhaus“ am Marktplatz einquartiert, einem Fachwerkhaus aus dem 15. Jahrhundert. Dieses Gebäude war aber wegen der erhöhten Brandgefahr für die Unterbringung einer Bibliothek sehr ungeeignet.

Herzog Carl Eugen war ein regelrechter „Büchernarr“ und so war der Bestand der Bibliothek bis zu seinem Lebensende 1793 auf über 100.000 Bände angewachsen. Nach seinem Tod wuchs die Bibliothek deutlich langsamer. Nach dem Reichsdeputationshauptschluss 1803, der unter anderem die Auflösung geistlicher Besitzungen zur Folge hatte, gelangten – wie in andere deutsche Bibliotheken – auch in die Stuttgarter öffentliche Bibliothek große Mengen an alten Drucken und Handschriften aus aufgehobenen Klöstern.

Nach der Krönung des württembergischen Herzogs zum württembergischen König 1806 wurde die Bibliothek umbenannt in „Königliche Öffentliche Bibliothek“. 1820 konnte die Bibliothek in ein etwas geeigneteres Gebäude umziehen, und zwar in das ehemalige Invalidenhaus an der Neckarstraße, das zumindest in Teilen aus Stein erbaut war. Da dieses Gebäude aber für ganz andere Zwecke errichtet worden war, war es für die Nutzung durch eine Bibliothek auch nur sehr bedingt geeignet.

Ende der 1870er Jahre entschloss man sich zum Neubau der Bibliothek, auch weil man über Mittel aus den französischen Kriegskontributionen aus dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 verfügte. Den Bau, der auf dem gleichen Grundstück errichtet wurde, entwarf der Architekt Theodor von Landauer. Er umfasste ein großzügiges, quer zur Straße stehendes Büchergebäude und ein dahinter liegendes kleineres Verwaltungsgebäude, in dem auch die bibliothekarischen Arbeiten sowie die Ausleihe stattfanden. Beide Gebäudeteile waren recht hermetisch voneinander abgetrennt, und nur im Verwaltungstrakt hatte man zunächst Beleuchtung und Heizung vorgesehen, um die Brandgefahr für das Büchergebäude zu minimieren.

1901 wurde die Bibliothek in Königliche Landesbibliothek umbenannt, ab 1921, nach dem Ende der Monarchie, hieß sie dann Württembergische Landesbibliothek.

Im Zweiten Weltkrieg war das große Büchergebäude den Luftangriffen der Alliierten schutzlos ausgeliefert. Zuvor hatte man jahrelang große Mengen an schützenswerten, wertvollen Beständen an zahlreiche Orte im Umkreis Stuttgarts und darüber hinaus ausgelagert. In der Nacht vom 12. auf den 13. September 1944 wurde die Bibliothek dann bei einem Bombenangriff fast vollständig zerstört, insbesondere das Büchergebäude wurde schwer getroffen und brannte weitgehend aus. Rund 500.000 Bände wurden dabei vernichtet, das entsprach nahezu der Hälfte des Bestandes.

In der Nachkriegszeit wurde das Bibliotheksgebäude wieder notdürftig instandgesetzt, gleichzeitig liefen die Planungen für ein ganz neues Bibliotheksgebäude. Und man war mit Hochdruck darum bemüht, die Buchbestände wiederaufzubauen. Es dauerte jedoch bis 1970, ehe das neue Bibliotheksgebäude fertiggestellt war. Dieses Gebäude lag etwas abseits der Straße, weil es errichtet wurde, als die erhalten gebliebenen Teile des alten Gebäudes noch standen.

Nach wenigen Jahrzehnten wurde auch dieses Gebäude wieder zu klein, weshalb mehrere Ausweichstandorte eingerichtet werden mussten. Ab 2006 liefen konkretere Planungen für einen Erweiterungsbau, der jedoch erst 2020 mit zahlreichen Benutzer-Arbeitsplätzen und circa 350.000 systematisch aufgestellten Bänden in Betrieb genommen werden konnte.

Die Württembergische Landesbibliothek ist heute die größte wissenschaftliche Bibliothek in Baden-Württemberg mit circa sechs Millionen Medien. Neben Büchern sowie Zeitschriften und Zeitungen (und ihren elektronischen Pendants) gehören zahlreiche Sondermaterialien zu den Beständen der Bibliothek. Pro Jahr werden über eine Million Medieneinheiten entliehen.

Zu den Sondersammlungen der Bibliothek gehören die Handschriftensammlung, die Sammlung Alte und Wertvolle Drucke, die Bibelsammlung, die Musiksammlung, die Sammlung Karten und Grafik sowie die Bibliothek für Zeitgeschichte als Spezialbibliothek zur Geschichte des 20. Jahrhunderts. Daneben beherbergt die Bibliothek das Hölderlin-Archiv und das Stefan George Archiv.

Seit 1817 verfügt die Bibliothek über das sogenannte Pflichtexemplarrecht, das heißt, dass von jeder Veröffentlichung in Württemberg bzw. heute in Baden-Württemberg der Bibliothek ein Exemplar kostenfrei zur Verfügung gestellt werden muss. Die Bibliothek hat die Aufgabe, diese Exemplare zu archivieren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Webseiten und Internet-Publikationen werden im Baden-Württembergischen Online-Archiv (BOA) archiviert. Die Landesbibliographie verzeichnet sämtliches Schrifttum über Baden-Württemberg online. Die Bibliothek bietet daneben ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm mit Vortragsreihen und wechselnden Ausstellungen.

Text: Hans-Christian Pust
Schlagworte: Stuttgart-Mitte, Wissenschaftsfestival
Literaturhinweise:

Karl Löffler, Geschichte der Württembergischen Landesbibliothek (Zentralblatt für Bibliothekswesen, Beiheft Bd. 50), Leipzig 1923.
Hans-Christian Pust, Das Gebäude der Königlichen Öffentlichen Bibliothek in Stuttgart: Ein „mustergiltiger“ Bibliotheksbau?, in: Bibliotheksarchitektur um 1900. Die Kieler Universitätsbibliothek von Gropius und Schmieden im Kontext europäischer Bibliotheksbauten (Kieler kunsthistorische Studien N.F., Bd. 20), hg. von Klaus Gereon Beuckers/Nils Meyer, Kiel 2020, S. 165-182.
Vera Trost/Hans-Christian Pust, Carl Eugens Erbe. 250 Jahre Württembergische Landesbibliothek, Stuttgart 2015.

GND-Identifier: 000406570
Publiziert am: 23.06.2022
Empfohlene Zitierweise:
Hans-Christian Pust, Württembergische Landesbibliothek, publiziert am 23.06.2022 in: Stadtarchiv Stuttgart,
URL: https://www.stadtlexikon-stuttgart.de/article/d83ccacd-1f30-407b-97b3-748a83412c4e/Wuerttembergische.html