1848 übernahm die Königliche Zentralstelle für Handel und Gewerbe die Gewerbeförderung aus den Händen halbamtlicher Vorgängervereine in staatliche Regie. Von Beginn an gehörte dazu die Pflege einer Mustersammlung gewerblicher Erzeugnisse. Die sollte der heimischen Industrie den technischen Stand ausländischer Fabrikate oder auch künftige internationale Modetrends vor Augen führen; ausländische Interessenten konnten hier Produkte württembergischer Firmen prüfen.
1850 bezog die Zentralstelle mit dem Musterlager die alte Legionskaserne am Ende der Königstraße. Die Sammlung stand dem Publikum zur Bürozeit offen und präsentierte zum Beispiel 1869, neu eingetroffen, Mineralschmieröl aus Virginia, eine Kettelmaschine aus Chemnitz und zwei Kollektionen wollener Anzugstoffe aus Paris und Brünn. Auch antike Baudenkmale aus Ägypten, Griechenland und Rom konnten Interessenten auf einem Satz „Glas-Stereoskope“ mit räumlicher Wirkung bestaunen. Eine Gewerbehalle am südlichen Hegelplatz nahm ab 1881 das Bedürfnis auf, Landesgewerbeausstellungen zu bieten.
Was also sprach für einen Neubau? Erstens der Platzbedarf. Magazin und Schauräume waren damals kaum getrennt. Was ein Museum besaß, stellte es aus; und da alleine die Textilproben an die 300.000 Nummern umfassten, brauchte die Mustersammlung doppelt so viel Raum. Zweitens waren kaufmännische und industrielle Kreise, wie der Chef des königlichen Kabinetts Julius von Griesinger wusste, lebhaft an einem neuen „Sammlungsgebäude“ interessiert und stellten dafür einen erheblichen finanziellen Beitrag in Aussicht. Drittens boomten – ausgehend von der stilprägenden ersten Weltausstellung 1851 im Londoner Crystal Palace – öffentliche Ereignisse dieser Art. Ein jährlich nach Hunderttausenden zählendes Publikum von inner- und außerhalb Stuttgarts stand zu erwarten. Viertens wirkte ein starkes Repräsentationsbedürfnis. Der später oft gering geschätzte Neorenaissance-Prunkstil des Gebäudes vereinte auf seine Weise harmonisch Form und Funktion: Bis zum Ersten Weltkrieg inszenierte das Landesgewerbemuseum zentral für Stadt und Land thematisch weite und vielfältige Ausstellungen; es holte, bevor das Linden-Museum dies ab 1911 übernahm, die große unbekannte Welt in Gestalt authentischer Gegenstände nach Stuttgart. Ausstellungen, Bibliothek und Mustersammlung führten Besucher aus exotischen Ländern wie Indien oder den USA hierher. Die Kataloge erschienen auch in französischer, englischer, italienischer und spanischer Sprache. Das Museum wurde zu einem Leitmedium, das eine Verbindung zwischen Stuttgart und den Metropolen der Welt herstellte. Es verlangte nach einem angemessenen Rahmen.
Zum Bauplatz bestimmte König Karl 1885 das Gelände der alten Gardekaserne, zwischen der damaligen Linden-, Schloss-, Kanzlei- und Hospitalstraße gelegen. Die gewünschte Eröffnung zum 25-jährigen Regierungsjubiläum 1889 erwies sich aber als unhaltbar. Unter anderem bremste das Finanzministerium mit dem Hinweis auf dringenderen Baubedarf „z.B. für eine weitere Irrenanstalt“, und die Abgeordneten der Zweiten Kammer mussten mit den Kosten übereinkommen. Auch blieb die Standortfrage strittig. Im Jahr 1886 ließen 1.852 Angehörige des „Handels- und Gewerbestandes“, allesamt Stuttgarter, eine Petition drucken, mit der sie auf dem Platz der alten Legionskaserne bestanden. Es unterzeichneten Abgeordnete, Wissenschaftler, Juristen, Apotheker, Kommerzienräte, Bankiers, Kaufleute, Fabrikanten und offenbar so gut wie alle weiteren Gewerbetreibenden Stuttgarts, vom Flaschner Gustav Abele bis zum Schuhmachermeister Heinrich Zweigart. Doch der von König Karl gewählte Bauplatz konnte schließlich, auch wegen seiner Nähe zum Bahnhof, allgemein überzeugen.
1888 fand ein Architektenwettbewerb statt. Vier Staatsvertreter und fünf Architekten, drei aus Stuttgart und je einer aus Berlin und Wien, bildeten das Preisgericht. Den mit 7.000 Mark verbundenen 1. Preis gewann das Büro von August Hartel und Skjöld Neckelmann aus Leipzig vor 26 Mitbewerbern. Der Entwurf wurde 1890 bis 1896 umgesetzt. Dann stand ein dreistöckiges Gebäude aus Granit und Keupersandstein im Stil einer „gräzisierenden“ Neo-Renaissance. Der Grundriss auf 6.106 Quadratmeter abschüssiger Fläche war durch die vier Straßen vorgegeben; die architektonisch elegante Lösung bestand in einem unregelmäßigen Trapez mit einem rechten, einem spitzen und zwei stumpfen Winkeln. Der theatersaalartige zentrale Innenhof diente, mit einer Glaskuppel überwölbt, als monumentale Ausstellungshalle. Die Fassaden erhielten reichen figürlichen und ornamentalen Schmuck. Technisch modern, verfügte der Bau über mehrere elektrisch und hydraulisch angetriebene Aufzüge. Eigene Maschinen erzeugten elektrischen Strom für die Bogen- und Glühlampen und um die Mustermaschinen anzutreiben. Neben den Ausstellungshallen nahm der Bau zahlreiche Werkstätten und Büros auf. Zum Schmuck der großen Halle schrieb das Finanzministerium öffentliche Wettbewerbe aus. Den 1. Preis in der Kategorie Fresko-Bilderzyklus errang Professor Ferdinand Keller aus Karlsruhe mit Darstellungen zur vaterländischen Fürstengeschichte; in den Mittelpunkt stellte er König Karl im Hermelin, zu dessen Füßen die Allegorien von Furchtlosigkeit und Treue den Wappenspruch des Hauses Württemberg verkörperten.
Die Baukosten summierten sich auf 3,9 Millionen Reichsmark. Mit der Einweihung am 6. Juni 1896 avancierte die „Mustersammlung“ zum „Landesgewerbemuseum“, das sogleich mit einer Ausstellung für Elektrotechnik und Kunstgewerbe eröffnete. Diese Mischung aus zwei unterschiedlichen Materien entsprang keinem Zufall. Seit 1890 stand fest, das Museum mit einer kunstgewerblichen Schau einzuweihen. Nun kamen 1893/94 – während der Planungs- und Bauzeit des ersten öffentlichen Elektrizitätswerks in Stuttgart, an dem auch die Stadt finanziell beteiligt war – im Gemeinderat Zweifel auf, ob die Nachfrage nach Stromanschlüssen hinreichen würde, um den wirtschaftlichen Betrieb zu sichern. Also galt es, die Bevölkerung von den Segnungen des elektrischen Stroms zu überzeugen; und dazu beschlossen Vertreter von Politik und Gewerbe Ende 1894 in der Liederhalle, neben dem Kunstgewerbe die „Elektrizität in ihrer Anwendung auf Industrie, Gewerbe und Haushalt“ in glänzendes Licht zu rücken. Die vier Monate lang gezeigte Eröffnungsausstellung führte angeblich mehr als eine Million Besucher in die neuen Hallen. Von dem Erfolg profitierte auch das Elektrizitätswerk, dessen Kapazität aufgrund zahlreicher Anmeldungen zusammenzubrechen drohte. So hatten Stuttgarter Wirtschaftsbürger eine Landesfachausstellung okkupiert, um dort mittels massiven Marketings ein – im Nachhinein: nur scheinbar – wackeliges städtisches Projekt zu retten.
Das u.a. von Otto Borst wiedergegebene Lieblings-Verdikt über das Landesgewerbemuseum lautete: „unschwäbisch-pompös“. Dabei markierte das historistische Gebäude den Höhepunkt und zugleich das Ende einer Stilepoche. Wenige Jahre nach der Einweihung begann mit Jugendstil und Bauhaus die architektonische Moderne.
Gustav Pazaurek, von 1905 bis 1932 Leiter des Landesgewerbemuseums, setzte durch, dass sein Haus nicht länger „wie die alten Gewerbehallen unseligen Angedenkens liegengebliebene Ladenhüter eigener Produktion vielleicht doch noch an den Mann zu bringen“ hätte, sondern die allgemeine „Geschmackserziehung“ zu fördern begann. Pazaurek erweiterte die Sammlungen um das bald ungemein populäre, bis heute in der Sammlung des Württembergischen Landesmuseums erhaltene, zeitlos gültige „Museum der Geschmacksverirrungen“, eine Auswahl verschieden klassifizierter Scheußlichkeiten.
Vor dem Ersten Weltkrieg avancierte das Landesgewerbemuseum zur ersten Adresse für Publikumsausstellungen in Stuttgart. Die „Chronik der Haupt- und Residenzstadt“ zum Jahr 1905 weist 17 Ausstellungen in seinen Hallen nach, die insgesamt eine Viertelmillion Besucher anzogen. Als Publikumsrenner erwiesen sich Muster-Wohnungseinrichtungen, die von August bis Oktober 95.020 Neugierige anlockten. Noch höhere Tagesbesucherzahlen erreichte die Präsentation modischer Reformkleidung für Frauen und Mädchen, für die sich binnen zwei Wochen 27.974 Menschen interessierten.
Mit dem Ersten Weltkrieg verlor das Landesgewerbemuseum seinen Rang als führendes Ausstellungshaus am Platze. Den Direktor Pazaurek trafen zunehmend Vorwürfe, er vernachlässige die Technik; leitende Mitarbeiter opponierten gegen seine Hinwendung zu Kunstgewerbe, Design und Kulturgeschichte. Vor allem zog mit dem Linden-Museum und mit einigen bahnbrechenden Bauhaus-Ausstellungen am Weißenhof starke Konkurrenz auf, die das Publikum mit modernen Themen erfolgreich anzulocken vermochte.
Sobald sie an der Macht waren, griffen die Nationalsozialisten auch nach dem Landesgewerbemuseum, um es als Plattform zur Verbreitung ihrer Ideologie zu nutzen. 1934 denunzierte der stellvertretende Gauleiter Friedrich Schmidt hier die „liberalistische“ Wirtschaftsordnung und gab vor, im Nationalsozialismus bedeute Wirtschaft nicht Verdienst, sondern Dienst am Volke. Thematisch waren die Ausstellungen von völkischem Denken geprägt. 1937 begann eine Schau über „Holz als deutscher Werkstoff“, und Gauleiter Wilhelm Murr eröffnete die Wanderausstellung zu „Rasse und Volk“. In den Kriegsjahren zog man sich auf heimatkundliche Themen zurück: 1940 stellte Professor Peter Goeßler aus Tübingen Burgen und Schlösser der Schwäbischen Alb vor, 1941 zeigte Professor Johannes Schwenkel „Naturdenkmale unserer Heimat“ in Lichtbildern. Im März 1942 gab die große Halle die Kulisse ab, vor der die Machthaber das Staatsbegräbnis für Robert Bosch zelebrierten. 1944 beschädigten Luftangriffe den Prachtbau schwer und zerstörten die Registratur, die Bibliothek und große Teile der Sammlungen.
Nach dem Krieg wurde das Gebäude zunächst eher erhalten als renoviert. 1952 übernahm das Landesgewerbeamt Baden-Württemberg das Haus und übertrug seinen Namen darauf. 1982 bis 1990 ließ die Landesregierung das Gebäude unter der Verantwortung des Stuttgarter Architektenteams Fahr, Henning und Röper aufwändig erneuern. Noch vor Abschluss der Wiederherstellung, die am Ende 78,5 Millionen Mark kostete, weihte Ministerpräsident Lothar Späth am 24. Februar 1988 das „frühere Landesgewerbeamt“ als nunmehriges „Haus der Wirtschaft“ ein. Verschiedene Einrichtungen fördern seither die vorzüglich „mittelständische“ Wirtschaft und organisieren Ausstellungen, Fachmessen und Tagungen. Die internationale Ausrichtung ist geblieben, doch wirkt das Haus der Wirtschaft heute eher als Landeseinrichtung denn als ein Magnet für die Bevölkerung der Stadt Stuttgart.