Zwischen 1310 und 1321 wurde auf gräfliches Betreiben das in Beutelsbach angesiedelte württembergische Hausstift nach Stuttgart verlegt. Hier befand sich in unmittelbarer Nähe zur Stadtburg eine um 1250 erbaute dreischiffige, spätromanische Basilika. Die Basilika war nicht der erste Kirchenbau an dieser Stelle. Ihr ging mindestens ein einschiffiges Gotteshaus der Frühromanik voraus, das vermutlich im 10. oder 11. Jahrhundert auf einem alemannischen Begräbnisplatz errichtet worden war. Dies belegen die Reste zweier alemannischer Gräber, die auf das 7. oder 8. Jahrhundert datiert werden.
Ein Propst, zwölf Chorherren und ebenso viele Vikare sollten fortan als Kleriker dem Stift angehören. Der Propst stand an der Spitze des Kapitels und hatte die Disziplinargewalt. Ihm und den Chorherren stand der Dienst am Hauptaltar zu. Aus den Reihen der Chorherren sollten ein Kustos, ein Kantor, der zugleich Schulmeister war, und ein Kellerer gestellt werden. Die Residenz der Kleriker am Ort war Pflicht. Dem Propst wurden 150, den Kapitelämtern 40, den einfachen Chorherren 30 und den Vikaren 20 Pfund Heller an Einkünften zugewiesen. Laut den Statuten von 1321 hatten die Chorherren täglich die Messe zu feiern und ihr Chorgebet zu verrichten. Die Qualität des Gottesdienstes sollte dadurch sichergestellt werden, dass für alle Chorherren und Vikare die Priesterweihe vorgeschrieben war.
Immer wieder wird darauf abgehoben, dass die Stuttgarter Stiftskirche seit der Reformation der kirchliche Mittelpunkt des evangelischen Württembergs war. Dieser Sachverhalt liegt schon in der vorreformatorischen Geschichte der Kirche begründet: Seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts nahm sie den ersten Platz unter den Stiftskirchen des Landes ein. Der Stiftspropst fungierte als Haupt der württembergischen Geistlichkeit. Daneben hatte die Kirche auch im Stuttgarter Rahmen eine zentrale Position inne. Bis 1806 war sie alleinige städtische Pfarrkirche, ihr Propst war der Stadtpfarrer. Das Stift war darüber hinaus das reichste Württembergs. Deswegen führte es regelmäßig den höchsten Betrag an fälligen Abgaben und Steuern ab.
Im 15. Jahrhundert erfolgte ein umfassender Neubau im Stil der Spätgotik, für den der Baumeister Aberlin Jörg verantwortlich zeichnete. 1436 soll der Grundstein zum neuen Langhaus gelegt worden sein. 1456 weihte der Konstanzer Generalvikar neun Altäre, fünf auf der rechten Seite und vier auf der linken. Sie waren 55 Heiligen gewidmet. Durch seine Bauweise erweckte der Innenraum den Eindruck einer fünfschiffigen Hallenkirche.
Die Westseite der Kirche blieb zunächst wegen Geldmangel unvollendet. Erst ab 1490 wurde weitergebaut und das Westwerk mit seinem imposanten Turm bis 1531 vollendet. Auf ihn siedelte der Turmwächter über. Auf den Bau eines ursprünglich sicher vorgesehenen Turmhelms wurde wieder aus Geldmangel verzichtet.
Das mächtige und reich verzierte Kirchengebäude, das dem zeitgleichen Kirchenbau in Urach und in Tübingen als Vorbild diente und damit die Leitfunktion der Stuttgarter Stiftskirche manifestierte, leistete in unmittelbarer Nähe zum Stadtschloss als dem weltlichen Herrschaftszentrum Württembergs einen wesentlichen Beitrag zur Repräsentation der Residenz Stuttgart. Dem entsprach die auf die Herrschaft, aber auch auf vermögende Stuttgarter Familien zurückgehende reiche Ausstattung im Innern. Der 1535 katalogisierte Kirchenschatz war ebenso imposant wie das mächtige Geläute. Ab 1460 verfügte die Stiftskirche über eine Uhr am Glockenturm. Der Westturm erhielt 1530 eine Uhr mit Schlagwerk. Auch im Innern befand sich seit 1515 eine Uhr.
Im 15. Jahrhundert erfolgte die Gründung zahlreicher Bruderschaften, die sich in der Stuttgarter Stiftskirche versammelten. Eine wichtige Vereinigung war die Salve-Regina-Bruderschaft. Sie wurde im Jahr 1429 von Räten, Teilen des Hofgesindes sowie anderen Laien und Klerikern mit der Erlaubnis des Stifts und der Zustimmung Graf Ludwigs I. gestiftet.
Die zentrale Bedeutung der Stiftskirche wurde durch ihren Klerus unterstrichen. Trotz des verbrieften Selbstergänzungsrechts hatten die Grafen seit etwa der Mitte des 15. Jahrhunderts einen entscheidenden Einfluss auf die Pfründenverleihung. Bei ihrer Kandidatenauswahl gab ein Kriterienbündel, darunter Bildung sowie soziale und geographische Herkunft, den Ausschlag. Dies war für die seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts erkennbare Akademisierung des Kapitels und die gleichzeitig fast vollständige Verdrängung des Niederadels aus dem Stift verantwortlich. An seine Stelle traten Angehörige der bürgerlichen Oberschicht. In Stuttgart konzentrierte sich bald eine klerikale Fachelite, die sich von außen erneuerte und sich auf Führungspositionen in der „Landeskirche“ verteilte. Die Kleriker waren für die Herrschaft in Rechtsprechung, Diplomatie und Verwaltung, bei der Kloster- und Kirchenreform sowie im höfischen Leben aktiv. Dadurch leisteten sie einen wichtigen Beitrag zur Verfestigung und „Modernisierung“ der Landesherrschaft und lieferten einen zentralen Baustein zur Schaffung des landesherrlichen Kirchenregiments.
Die Reformation stellte die entscheidendste Veränderung für das Stift dar und führte letztlich sein Ende herbei. Am 16. Mai 1534 wurde die Kirche für den protestantischen Gottesdienst geöffnet. Am 2. Februar 1535 fand vorerst die letzte katholische Messe statt. Doch war die altgläubige Stiftskirchenzeit noch nicht ganz abgelaufen. Der Sieg Kaiser Karls V. über den Schmalkaldischen Bund und das in seiner Folge erlassene Augsburger Interim brachten eine kurze Wiederbelebung des Stuttgarter Stifts. Bereits im August 1548 wurde wieder eine Messe in der Stiftskirche zelebriert. Doch blieb das Interim nur eine bis zum Herbst 1552 dauernde Episode. Die Stiftskirche wurde nun Wirkstätte von Johannes Brenz, den Herzog Christoph 1553 zum Stiftspropst und Reformator des Landes berief. Indes kehrte der katholische Glauben nochmals in die Stiftskirche zurück, als nach der Schlacht bei Nördlingen 1634 habsburgische Truppen Württemberg besetzten und Jesuiten die Kirche bis 1649 in ihren Besitz nahmen.
Doch auch nach 1649 sprach man weiterhin von der „Stiftskirche“, obwohl es nun definitiv kein Stift mehr gab. Bis 1688 bestand auch das Amt des Stiftspropsts weiter. Er fungierte weiterhin als Oberhaupt der städtischen Geistlichkeit und war „erster“ Pfarrer Württembergs. Daneben wirkte wie in vorreformatorischer Zeit ein Stiftsprediger in der Kirche. Für ihn wurde die Benennung „Prälat“ gebräuchlich. Er übte gleichfalls eine leitende Funktion aus. So nahm die Stiftskirche weiterhin die Rolle der ersten Kirche des Landes wahr. Herzog Ludwig ließ durch den bedeutenden Bildhauer Sem Schlör ab 1574 elf Grafenstandbilder aufstellen. Damit wurde die lange Tradition der Memorialfunktion der Stuttgarter Stiftskirche wieder aufgegriffen – jetzt allerdings in rein säkularer Form zum Zweck der Herrschaftsrepräsentation. Ab 1608 diente die Kirche auch wieder als fürstliche Grablege.
Tief greifende Veränderungen erlebte der Kirchenbau im 19. Jahrhundert. Zwischen 1839 und 1843 erfolgte seine umfassende Neogotisierung unter der Leitung Karl Alexander Heideloffs.
1944 wurde die Stiftskirche durch alliierte Luftangriffe schwer beschädigt und brannte völlig aus. Von dem alten Gebäude stand fast nichts mehr außer den beiden einsturzgefährdeten Türmen, der Nordwand sowie den Wänden des Chorbereichs. Nach langen Diskussionen entschied man sich 1954, den Wiederaufbau dem Architekten Hans Seytter in die Hände zu legen. Äußerlich sollte der bekannte Baukörper im Wesentlichen wiedererstehen, ohne dass an eine detailgetreue Wiederherstellung gedacht war. Vollständig neu fiel die Ausführung des Langhauses aus: Man verzichtete auf die bisherige Dreischiffigkeit und wählte eine Einraumlösung, die mit einem flachen Tonnengewölbe aus Holz versehen wurde. Dies erntete heftige Kritik: In Presse und Bevölkerung wurde mehrfach geäußert, der Bau gleiche einer Turn- oder Stadthalle. Trotz solcher Einwände wurde die neue Kirche, deren Vollendung am 1. Juni 1958 gefeiert wurde, von der Kirchengemeinde angenommen, was auch ihrem engen Bezug zwischen Prediger und Kirchenbesuchern zu verdanken war. Die Kanzel wurde an einer Säule angebracht, an deren höchstem Punkt sich ein von Fritz von Graevenitz 1957 gestalteter Gerichtsengel befand. Er wurde zum neuen Wahrzeichen der Stiftskirche. Untrügliches Zeichen der Akzeptanz des neuen Kirchenbaus war die Tatsache, dass die Stiftskirche zu Württembergs bestbesuchten Kirchen gehörte. Der Gesamteindruck des Innenraums war ein sehr düsterer. Dahinter stand bewusst ein Konzept der Buße für den durch Deutschland begonnenen Krieg.
Rund 40 Jahre beließ man die Stiftskirche in dem Zustand der 1950er Jahre. Die Kritik an der Baulösung verstummte zwar nicht, wurde aber weniger. Doch mehrten sich seit den 1980er Jahren die Forderungen einer Erneuerung der Kirche. 1993 schrieb man daher einen Architekturwettbewerb aus, den Bernhard Hirche für sich entschied. Seine modernen Planungen stießen auf ein geteiltes Echo: Während ein Teil der Bürger forderte, nun endlich doch eine möglichst vollständige Rekonstruktion der früheren gotischen Stiftskirche vorzunehmen, mahnten andere eine insgesamt kostengünstige Lösung an und plädierten für einfache Schönheitsreparaturen. Auch das Landesdenkmalamt meldete sich zu Wort, da in der Zwischenzeit die Baulichkeiten der 1950er Jahre denkmalschutzwürdig geworden waren. Gleichwohl gelangte man zu einer einvernehmlichen Lösung, die von Ende 1999 an bis 2003 realisiert wurde. Ursprünglich waren zügigere Baumaßnahmen geplant. Doch verzögerte sich die Fertigstellung durch die für Stuttgarts Frühgeschichte so wichtigen archäologischen Funde, die unter Langhaus und Chor zutage kamen. Man reagierte darauf mit dem Bau einer „Unterkirche“, bei deren Besichtigung die Besucher nun einen Teil der archäologischen Entdeckungen in Augenschein nehmen können. Ihren endgültigen Abschluss erfuhren die Baumaßnahmen 2004 durch den Einbau einer neuen Orgel. Sie gilt als Hauptwerk des Leonberger Orgelbaumeisters Konrad Mühleisen und verfügt über vier Manuale, 5.422 Pfeifen in 81 Registern.
Die Stiftskirche verbindet in ihrer jetzigen Form Geschichte und Gegenwart zu einer ästhetischen Synthese. Insbesondere die Innenraumdecke steht für die progressive und zugleich doch auch behutsame Vorgehensweise bei der Renovierung. Es handelt sich um eine moderne Tragwerkkonstruktion, die das mittelalterliche Gewölbe nicht nachahmt, aber dank ihrer Helligkeit, Leichtigkeit und Höhe eine ganz ähnliche Raumwirkung zu erzielen vermag. Durch Glassegel wird die frühere Dreischiffigkeit des Kircheninnenraums angedeutet. Die Stuttgarter Stiftskirche wirkt so wieder lichter und höher.