Hans Gustav Robert Gasparitsch kam am 30. März 1918 als einziges Kind des Schuhmachers Johann und der Näherin Elisabeth zur Welt. Er besuchte von 1924 bis 1928 die Ostheimer Volksschule und anschließend die Stöckach-Realschule.
Im „roten Osten“ wuchs Gasparitsch im Milieu der Arbeiterbewegung auf, auch geprägt vom Vater, den das Kriegserlebnis zum Pazifisten gemacht hatte. Er war im Arbeiterschwimmverein (ASV) aktiv, nahm an Zeltlagern der „Roten Falken“ teil; 1932 fand die Jugendweihe bei den Freidenkern statt. In diesem Jahr begann er eine Lehre als Schriftsetzer.
Nach der Machtübernahme 1933 verhafteten die Nationalsozialisten Mitglieder der Arbeiterbewegung, verboten deren Organisationen, beschlagnahmten Heime und Sportstätten. Gasparitsch und die Kameraden aus dem ASV wechselten zunächst zu einem bürgerlichen Sportverein. Doch bald wollten die meisten politisch gegen die Nationalsozialisten arbeiten. Fritz Brütsch, der vor 1933 Leiter der Jungpioniere im Kommunistischen Jugendverband war und bereits fünf Monate in Haft im KZ Heuberg verbracht hatte, übernahm die politische Schulung.
Die Jugendlichen politisierten sich zusehends. Sie nannten sich Gruppe G (Gemeinschaft), gaben sich Tarnnamen und wuchsen in den aktiven Widerstand hinein mit Strukturen der illegalen KPD; sie verfassten und verteilten Flugschriften. Doch die idealistischen jungen Leute unternahmen weiter in großer Gruppe ihre Wanderungen, fotografierten und dokumentierten das Netzwerk. Das sollte ihnen zum Verhängnis werden. Nach der erneuten Verhaftung von Brütsch entschlossen sie sich zu einer Aktion – die Politische Polizei sollte nicht erkennen, dass sie den Kopf der Gruppe erwischt hatte. Hans, der Schriftsetzerlehrling, pinselte am 14. März 1935 die Parolen „Rot Front!“ und „Hitler=Krieg“ auf die Sockel der Rossebändiger-Statuen im Schlossgarten. Doch farbverschmiert lief er der Polizei in die Arme, die die Gruppe anhand von Fotoalben und eines Tagebuchs aufrollen konnte.
Im März 1936 verhandelte das Oberlandesgericht Stuttgart gegen 25 junge Leute wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“. Zwar konnte das Gericht Gasparitsch und anderen Angeklagten nicht nachweisen, dass sie die kommunistische Beeinflussung erkannt hätten. Gleichwohl erhielt er unter Anrechnung der Untersuchungshaft zweieinhalb Jahre Gefängnis. Die zur Tatzeit über 18-Jährigen, die teils schon in „Schutzhaft“ gewesen waren, erhielten lange Zuchthausstrafen.
Nach Ende der Haft in Ulm verhängte die Staatspolizeistelle „Schutzhaft“ über den gerade 19-Jährigen. Über Stuttgart und Welzheim wurde er am 15. November 1937 ins KZ Dachau eingeliefert. Dort gelangte er schließlich als Lagerschreiber in eine herausgehobene Funktion und konnte mit kommunistischen Mithäftlingen ein Untergrundnetz aufbauen. Als dieses aufflog, sollte Gasparitsch in eine Strafkompanie im KZ Buchenwald verlegt werden. Doch dank der Unterstützung der politischen Häftlinge, die die Funktionsstellen besetzt hatten, kam er in ein Kommando mit dem Landsmann Willi Bleicher als Kapo und überstand auch die gefährliche Endphase der NS-Herrschaft, zumal in Buchenwald eine Räumung mit „Todesmärschen“ verhindert werden konnte.
Im Mai 1945 kehrte Gasparitsch nach Stuttgart zurück. Die Freunde, die Krieg und Haft überlebt hatten, gründeten unter Leitung von Brütsch die „Schwäbische Volksjugend“, die die Überwindung der Ursachen und Folgen von Faschismus und Militarismus anstrebte; Gasparitsch erhielt eine Verlagslizenz für das Mitteilungsblatt „Freie Jugend“. Als im Juli 1948 in Anwesenheit des FDJ-Vorsitzenden Erich Honecker die Umbenennung in „Freie Deutsche Jugend“ erfolgte, war auch in der Jugendarbeit eine Formierung entlang der makropolitischen Entwicklung im Kalten Krieg nachvollzogen.
Zu dieser Zeit geriet Gasparitsch, der – nach einem Intermezzo bei der Kriminalpolizei – in der Entnazifizierungsabteilung der US-Militärverwaltung eine Stelle gefunden hatte, in eine schwierige Lage. 1948 stellte die Militärregierung ihre Aktivitäten weitgehend ein, die für die Entnazifiizierung zuständigen Spruchkammern wurden sukzessive aufgelöst, Gasparitsch musste sich, ohne erlernten Beruf und jung verheiratet, nach einem Arbeitsplatz umsehen. Wohl aufgrund politischer Kontakte erhielt er die Chance, an der „Arbeiter- und Bauernfakultät“ in Jena das Abitur zu erwerben und anschließend Journalistik am Institut für Publizistik und Zeitungswissenschaft der Karl-Marx-Universität Leipzig zu studieren. Frau und Tochter kamen nach Leipzig, der Freund Albert Kapr wurde als Professor für Schrift- und Buchgestaltung dorthin berufen; auch Franz Franz aus der Gruppe G gesellte sich zur „7-Schwaben-Kommune an der Pleiße“.
1953 legte der Student, der seine politischen Träume in der jungen DDR erfüllt sah, seine Diplomarbeit über das „Nationalkomitee Freies Deutschland“ vor; fast gleichzeitig begannen Proteste gegen eine Erhöhung von Arbeitsnormen und Einschränkungen der Versorgung, die am 17. Juni niedergeschlagen wurden. Auch Gasparitsch hatte nach eigenen Angaben ein Protestschreiben gegen den Entzug der Lebensmittelkarten für den Mittelstand verfasst.
Noch 1953 kehrte die Familie nach Stuttgart zurück – ob situativ oder länger geplant - Gasparitsch übernahm eine Stelle beim KPD-Organ „Volksstimme“. Nach dem Verbot der KPD 1956 stand die Familie vor dem Nichts. Einen Milchladen konnte das Ehepaar nur drei Jahre halten. Dann fand Gasparitsch ein Auskommen als Bautechniker und brachte die Energie für ein Fernstudium auf, das er 1967 als Hochbauingenieur abschloss.
Gasparitsch engagierte sich ungeachtet des KPD-Verbots für seine politischen Ziele, u.a. gab er das Mitteilungsblatt der Bezirksgruppen Ost und Neckarland der illegalen KPD heraus. Ein öffentliches Aktionsfeld bot das Bündnis „Kampf dem Atomtod“, nachdem Bundeskanzler Adenauer 1957 eine atomare Bewaffnung mit einem eigenständigen Zugriff der Bundesrepublik verlangt hatte.
Die Proteste gingen über in die Ostermarsch-Bewegung. Hier war Gasparitsch viele Jahre in vorderer Reihe aktiv, ebenso bei Demonstrationen gegen Rechtsextremismus, gegen die Berufsverbote in den 1970er und die Nachrüstung in den 1980er Jahren. Mehrfach trat er dabei mit anderen KZ-Überlebenden in Sträflingskleidung auf.
Als im Zuge der gesellschaftlichen Veränderungsprozesse der späten 1960er Jahre 1968 die DKP gegründet wurde, war Gasparitsch sofort mit von der Partie. Er war freilich kein dogmatischer Parteisoldat. Intern hatte er schon in den 1950er Jahren Intoleranz beklagt und sparte, bei aller Sympathie, nicht mit Kritik am real existierenden Sozialismus. Den Einmarsch des Warschauer Pakts 1968 in die Tschechoslowakei nannte er eine Katastrophe, von der sich die Kommunisten im Westen nicht mehr erholen würden.
Als in den 1970er Jahren mit den Fragen nach Tätern und Opfern der NS-Zeit auch das Interesse an Zeitzeugen erwachte, sah Gasparitsch darin umso mehr Chance und Aufgabe. Er übernahm eine Vielzahl von Vorträgen, Führungen und Schulbesuchen.1980 initiierte er mit Alfred Hausser, dem langjährigen Landesvorsitzenden der VVN-BdA, nach Hamburger Vorbild die „Alternativen Stadtrundfahrten“ in Stuttgart, um Zeitzeugenberichte an den Orten von Widerstand und Verfolgung anschaulich zu gestalten.
In den Mittelpunkt rückte die Arbeit für eine KZ-Gedenkstätte auf dem Oberen Kuhberg in Ulm, wo die Politische Polizei nach Schließung des Lagers Heuberg von November 1933 bis Juli 1935 ein regionales KZ eingerichtet hatte. Das Engagement führt Gasparitsch 1982 in der Nachfolge des Dachauer Mithäftlings Julius Schätzle an die Spitze des Vereins „Dokumentationszentrum Oberer Kuhberg Ulm e.V. – KZ-Gedenkstätte“; als Vorsitzender konnte er am 19. Mai 1985 die Eröffnung begehen. Gasparitsch reichte am 12. Mai 1990 den Stab weiter.
Die Welt hatte sich verändert. Mit dem Zusammenbruch des sozialistischen Lagers hatte, so Gasparitsch selbst um die Jahreswende 1989/90, sein Weltbild einen Schlag erlitten. Er blieb einer differenzierten Sicht treu. Er kritisierte das „Plattwalzen durch den Kapitalmacht-Apparat“, nannte aber das Versagen des real existierenden Sozialismus als Ursache der Umwälzung - und trat aus der DKP aus. Empört war Gasparitsch über eine Neubewertung des kommunistischen Widerstands, die im Streit über die Rolle der kommunistischen Funktionshäftlinge v.a. im KZ Buchenwald kulminiert war, die Maßnahmen des Rettungswiderstands ermöglicht, aber andere Häftlinge preisgegeben hätten. Gasparitsch, seit 1992 auch Vizepräsident der Lagergemeinschaft des KZ Dachau, kritisierte eine Relativierung der NS-Verbrechen und forderte eine Einbeziehung der Lagergemeinschaften in die konzeptionelle Arbeit.
So war es ihm eine Genugtuung, dass 1994 im Silberburg-Verlag die Geschichte der Gruppe G erscheinen konnte. Als Gemeinschaftswerk unter dem Kunstnamen „Fritz Kaspar“ geplant, hatten nach dem Tod von Fritz Brütsch und Franz Franz Gasparitsch und Kapr das Werk fast allein verfasst; letzterer hatte bereits 1990 eine Veröffentlichung in der DDR besorgt. In der Bundesrepublik hatte sich bis 1994 kein Verleger gefunden. Auch biographische Filme entstanden: 1991 aus einem Projekt an der Jörg-Rathgeb-Schule „Micha – Ein Stuttgarter Jugendlicher im Widerstand gegen den Nationalsozialismus“, 1999 „Ich bin ja jetzt der letzte“. Annegert Bock schrieb in der Stuttgarter Zeitung vom 21. April 1999 treffend: „Befremdlich für manche ist sicherlich die Tatsache, dass Gasparitsch im Film diese KZ-Jahre nicht als Martyrium schildert. Er denkt eher wehmütig an den Zusammenhalt und die Menschlichkeit in der Lagergemeinschaft zurück. Dem Arbeiterjungen, einem Einzelkind aus Stuttgart-Ostheim, wurden die kommunistischen Mithäftlinge offenbar zur Ersatzfamilie.“
Am 26. Mai 2000 zeichnete Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Schuster Hans Gasparitsch mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse aus. Zwei Jahre später ist Hans Gasparitsch, der seinen Nachlass dem Stadtarchiv Stuttgart anvertraut hat, am 13. April 2002 in Stuttgart gestorben. Am 18. Oktober 2014 wurde in der Rotenbergstraße 125 das Stadtteilzentrum Gasparitsch eröffnet.